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Veröffentlicht am 18­.04.2006

18. April 2006 - AFP

Zarte Hoffnung der deutschen Katholiken auf einen „Benedikt-Faktor"

Bischöfe registrieren gestiegenes Interesse am Glauben

Von Ralf Isermann

München, 18. April (AFP) - Greift der „Benedikt°Faktox“? Erblüht die katholische Kirche in Deutschland nach zigtausenden Austritten wieder zu neuem Leben? Ein Jahr nach der Wahl Joseph Ratzingers zu Papst Benedikt XVI. gibt es bei den deutschen Katholiken zumindest die zarte Hoffnung auf eine Trendwende. Bislang sind es nur kleine Hinweise. So steigen etwa die Verkaufszahlen religiöser Bücher; Internetforen werden mit E-Mails Neugieriger überhäuft. Diese Signale reichen, um bei den Kirchentreuen Dankbarkeit für die Papstwahl zu wecken. Bei den Kritikern ist dagegen die Enttäuschung über den deutschen Papst riesig groß.

Die deutschen Bischöfe warten gespannt auf den Frühsommer. Dann kommt die Statistik heraus, wie sich die Zahl der Mitglieder der katholischen Kirche in Deutschland im Jahr 2005 entwickelt hat. Mit dem Tod von Johannes Paul II., der Wahl Ratzingers zu dessen Nachfolger und dem Weltjugendtag in Köln gab es gleich drei Großereignisse, die Millionen Menschen in den Bann zogen. Jetzt hofft die Kirche, dass sich in deren Folge die Zahl der Wiedereintritte deutlich erhöht hat. „Die Nachfrage ist rege“, sagt Martina Höhns, Sprecherin der Deutschen Bischofskonferenz. Viele Menschen suchten das Gespräch über einen wiedereintritt. „Mit Zahlen belegen können wir unseren Eindruck aber noch nicht.“

Dafür können die Bischöfe an anderer Stelle das wachsende Interesse am Glauben mit Zahlen dokumentieren. So wurde die erste Enzyklika Benedikts, <Deus caritas est“ („Gott ist die Liebe“), seit deren Veröffentlichung im Januar schon in vierter Auflage gedruckt. 200.000 Exemplare sind mittlerweile kostenlos verteilt - deutlich mehr als bei den Enzykliken seines Vorgängers Johannes Paul II. üblich. Und dass immer noch Bücher des Papstes in den Bestsellerlisten stehen, bestärkt den Eindruck des enormen öffentlichen Interesses.

Auch Gunda Ostermann, Redaktionsleiterin des Internetportals www. katholisch.de hat ihren „Benedikt-Faktor“ erlebt. In der Zeit um den Tod von Johannes Paul II. und der Wahl von Benedikt KVI. hätten die Zugriffszahlen auf die Seiten drei mal so hoch wie vorher gelegen. Aber auch nach dem Ende dieser außergewöhnlichen Phase lägen die Besucherzahlen stabil um fünfzig Prozent über denen vor der Wahl Benedikts. „Vor allem bei den deutlich mehr E-Mails merken wir, dass die Menschen sich jetzt stärker für den Glauben und die Kirche interessieren.“

Mit seinem Besuch in Bayern im September dürfte der Heilige Vater erneut großes Interesse auf sich ziehen. Die drei am Besuchsprogramm beteiligten Diözesen Passau, Regensburg und München-Freising erwarten schon jetzt einen so großen Ansturm, dass sie von den Besuchern eine vorherige Anmeldung fordern. Wie erklärt sich dieser Zulauf? Für Christian Weisner, den Sprecher der kritischen Gruppe „Wir sind Kirche“, ist es ein Medienphänomen „Geschickte Fügung und Führung der vatikanischen Medienspezialisten“ hätten dazu geführt, dass Papst Benedikt nun als guter Hirte daher komme. Zu dieser Stimmung trage auch die allgemeine Großwetterlage bei. Die Menschen hätten das Bedürfnis nach einer positiven Stimmung. Mit dem Handeln des Papstes jedenfalls sei die Zustimmung nicht 2u erklären. „Es ändert sieh ja nichts. Die Enttauschung ist groß.“

Stefan Vesper, der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der katholischen Laienorganisation, widerspricht dem Kirchenkritiker energisch. Gerade aus Sicht der Laien sei der Stil von Benedikt XVS, zu begrüßen, sagt Vesper. „Ich glaube, dass der Papst ein offenes Ohr hat für unsere Bedeutung.“ Anders als Johannes Paul II. suche er auch wieder stärker das Gespräch mit den Bischöfen. So bekommt er einen Eindruck von den Sorgen vor Ort.“

Vesper knüpft große Erwartungen an den Deutschlandbesuch des Papstes. Dieser habe mit dem Besuch seiner alten Wirkungsstätten zwar einen sehr persönlichen Akzent, „Aber er wird auch eine Stärkung des missionarischen Engagements in Deutschland bringen.“ Dass der Papst das katholische Bayern besucht und nicht etwa die neuen Länder ficht Vesper nicht an. „Es wird mit Sicherheit weitere Reise nach Deutschland geben, wo er dort Station macht.“

Zuletzt geändert am 04­.09.2006