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Zulassung geschiedener Wiederverheirateter zu den Sakramenten

Mehr als 20 Jahre ist es jetzt her, dass sich im Juli 1993 die drei südwestdeutschen Bischöfe Walter Kasper (1999-2010 Kurienkardinal in Rom), Karl Lehmann (2001 zum Kardinal ernennt) und Oskar Saier (+ 2008) mit ihrem Vorstoß für einen veränderten Umgang mit der Frage des Kommunionempfangs von wiederverheirateten Geschiedenen vorwagten (> Schreiben der Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz). Doch schon ein Jahr später wurde vom damaligen Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, die gesamtkirchliche Rezeption verweigert (> Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre).

Mit der von Papst-Franziskus einberufenen Doppel-Synode 2014/2015 zur "Familie" hat dieses Thema neue Schubkraft erhalten.

neu
Walter Kasper: Nochmals: Zulassung von wiederverheiratet Geschiedenen zu den Sakramenten?
> Stimmen der Zeit Juli 2015


Prof. Hermann Häring und Prof. Norbert Scholl: Anfragen an die Argumentation zur Unauflöslichkeit der Ehe
Schreiben an Kardinal Gerhard Ludwig Müller, 14. November 2014
> PDF (8 Seiten) > imprimatur Heft 1/2015 (PDF)
> italiano > espaniol > english

Kardinal Müller über den Mann, die Frau und die Familie
> Radio Vatikan 17.11.2014

Prof. Dr. Gerd Häfner: Noch einmal: Die angebliche Treue zum Wort Jesu
> Blog 12.11.2014

Prof. Dr. Gerd Häfner: Heinrich VIII. in der Synodenaula
> Blog 8.10.2014

Gegenposition zu Kardinal Kasper
Juan José Pérez-Soba und Stephan Kampowski (Professoren am „Päpstlichen Institut Johannes Paul II.): Das wahre Evangelium der Familie. Die Unauflöslichkeit der Ehe: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit

Gegenposition zu Kardinal Kasper
Robert Dodado (Hg): In der Wahrheit Christi bleiben: Ehe und Kommunion in der Katholischen Kirche
Fünf Kardinäle und vier Wissenschaftler zu Kardinal Walter Kaspers Buch "Das Evangelium von der Familie"
> Buch im Echter-Verlag

Ratzinger 1972 / Benedikt XVI. 2014: Die beiden Textversionen „Zur Frage nach der Unauflöslichkeit der Ehe“
> Link

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Wir sind Kirche-Stellungnahmen

„Das Gewissen ist die oberste Norm“
> Wir sind Kirche-Pressemitteilung 13. November 2012

„Ein zukunftsweisender Schritt, der auch anderen Diözesen Mut machen müsste“
> Wir sind Kirche zur Freiburger Handreichung zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung, 8. Oktober 2013

„Barmherzigkeit gegenüber Geschieden-Wiederverheirateten darf nicht nur ein leeres Wort sein“ Wir sind Kirche begrüßt Freiburger Priester-Initiative und bedauert Äußerungen von Papst Benedikt
> Pressemitteilung 13. Juni 2012


Aktuelle Lesetipps:

Buch-Tipp
Hermann Häring: Keine Christen zweiter Klasse! Wiederverheiratete Geschiedene - ein theologischer Zwischenruf.
> Herder-Verlang Juli 2014

Udo Friedirch Schmälzle: Es geht um Heilung. Für eine alternative Pastoral zum Umfgang mit wiederverheirateten Geschiedenen
> HerderKorrespondenz 6/2014

Sabine Demel: (K)ein Widerspruch? Unauflöslichkeit der Ehe und Zulassung zu einer Zweitehe
> Herder Korrespondenz 6/2014

Barmherzigkeit will ich, keine Opfer
Wiederverheiratet Geschiedene in der Katholischen Kirche. Von Clemens Finzer
> Bayerischer Rundfunk 16.3.2014 (PDF)

Ein "Nein" aus Rom (Interview mit Kardinal Müller)
> KNA 17.3.2014

Kardinal Marx plädiert für Bußzeit von Geschiedenen
> Welt am Sonntag 15.3.2014

Kardinal Marx zu Wiederverheirateten und der Rolle Roms
> Domradio 15.3.2014

Kardinal Karl Lehmann: Predigt in der Eucharistiefeier am 13. März 2014 in Münster zur Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz
> PDF (6 Seiten)

Buch-Tipp
Kardinal Walter Kasper: Das Evangelium von der Familie. Die Rede vor dem Konsistorium
> Herder-Buch

Michael Eckert: Gottes Segen für die zweite Ehe!?. Ein katholischer Ausblick auf die orthodoxe Ehetheologie und die Perspektiven für die wiederverheirateten Geschiedenen
Books on Demand, Neuauflage 2013, ISBN: 978-3848213535, EUR 12,48 > Link zum Buch

Norbert Lüdecke: Die versteckte Revolution
> Kölner Stadt-Anzeiger 11.10.2013

Offen für die Betroffenen: Eine Handreichung zur Seelsorge an wiederverheiratet Geschiedenen
> Konradsblatt 27.9.2013

Klaus Lüdicke: Wieso eigentlich Barmherzigkeit?
> Herder Korrespondenz 7/2012

"Der Realität in den Gemeinden stellen"
Hochschulpfarrer Jürgen Weber fordert Barmherzigkeit mit geschieden Wiederverheirateten
> DeutschlandRadio Kultur 23.06.2012 um 16:05 Uhr

Moraltheologe Eberhard Schockenhoff: "Dahinter steckt auch ein sehr merkwürdiges Eheverständnis"
> DeutschlandRadio Kultur 23.06.2012 um 07:50 Uhr

Birgit Hoffmann: Bis dass der Tod uns scheidet
> Südkurier 21.06.2012

„In der Kirche gibt es eine große Angst“
Interview mit Eberhard Schockhoff
> Südkurier 21.6.2012

Die standhaften Priester von Freiburg
- MIT LESERBRIEF DES NUNTIUS

> Die Welt 20.6.2012

P. Peter Stengele im Interview
> Deutschlandfunk 18.6.2012 um 9:35 Uhr "Tag für Tag"

Schockenhoff: "Ich habe noch nie jemandem die Kommunion verweigert"
> Badische Zeitung 16.6.2012

Hunderte Geistliche widersetzen sich dem Papst
> Süddeutsche Zeitung 16.6.2012

Priester-Memorandum. Erzbischof Zollitsch macht den Streit um wiederverheiratete Geschiedene zur Chefsache
Badische Zeitung 14.6.2012

"Schluss mit dem inneren Spagat" Interview mit Spiritual Peter Stengele (Kloster Hegne)
Konradsblatt 13.6.2012

Buch-Tipp:
Irene Heise: Auch sie sind Kirche! Scheidung, Wiederverheiratung und Kirchendistanzierung als Herausforderung für eine menschengerechte Pastoral und Sakramentenpraxis

2., völlig überarbeitete und ergänzte Auflage 2012, ISBN 978-3-9500649-5-7, 260 S., EUR 25,40 (inkl. Porto)
> Info
> direkt bestellen

Buch-Tipp:
Eberhard Schockenhoff:
Chancen zur Versöhnung? Die Kirche und die wiederverheirateten Geschiedenen

Herder 2011, 199 S. ISBN 978-3-451-34117-5 € 18,95

Eberhard Schockenhoff
Kirche als Versöhnungsgemeinschaft. Für die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zum Kommunionempfang

> HerderKorrespondenz 65 (2011) August 2011 Seite 389-394 (PDF)

Prof. Dr. Hans Jorissen:
Verheiratet – geschieden – abgewiesen?

Vortrag 10. Juni 2011
PDF (8 Seiten)

Menschen in Trennung - Scheidung - Wiederheirat
Dokumentation der Werkstatt-Tagung der Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart für pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 15.-16. November 2010 in Stuttgart
mit Beiträgen von Prof. Dr. Manfred Belok und Prof'in Dr. Sabine Demel sowie Leitlinien des Erzbistums Straßburg
> PDF zum Download 1,7 MB

Teilnehmende einer Veranstaltung des Osnabrücker Katholikentag 2008:
Resolution zum Thema "Wiederverheiratete Geschiedene"
Link

Klaus Nientiedt
"Frankreich: Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen"
> HerderKorrespondenz 62 8/2008 (PDF)

Michael Schweiger (Diözesanfamilienseelsorger Leiter der Abteilung Erwachsenenpastoral im Erzbistum Freiburg)
Ein Anstoß aus der pastoralen Praxis (19.06.2007)
> Text zum Download

Rudolf Prokschi
"Stimmen der Zeit" Heft 8 / August 2003, Herder Verlag Freiburg
> Seite 531-545 Text zum Download (6,9 MB)

Katholische Glaubensinformation der österreichischen Diözese Graz-Seckau:
Geschieden! - Alle Rechte in der Kirche verloren? 10 Klarstellungen (Karl Veitschegger 1997/2003)
Link

Schriftliches Interview mit Prof. Dr. Sabine Demel
zu Fragen von wiederverheirateten Geschiedenen (5.6.2002)
> Link (Link derzeit nicht aktiv)

Die Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz:
Zur seelsorglichen Begleitung von Menschen aus zerbrochenen Ehen, Geschiedenen und Wiederverheirateten Geschiedenen : Hirtenwort. Freiburg/Br. (10. Juli 1993)
> Originalfassung PDF zum Download
> PDF

Kongregation für die Glaubenslehre:
Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen (14. September 1994)
Link


Links und Aktivitäten:








Ratzinger 1972, Benedikt 2014

Die beiden Textversionen von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.: „Zur Frage nach der Unauflöslichkeit der Ehe“
> HerderKorrespondenz 12/2014

Eberhard Schockenhoff: Die zwei Seiten eines Textes Die Wortmeldung des emeritierten Papstes zur Debatte um wiederverheiratete Geschiedene
> HerderKorrespondenz 12/2014

Giuseppe Nardi: Wie Benedikt XVI. doch an Bischofssynode teilnimmt und Kasper widerspricht
> katholisches.info 3.12.2014

Matthias Drobinski: Der Dagegen-Papst
> Süddeutsche Teitung 17.11.2014

Johannes Röser: Ratzinger 1972, Benedikt 2014
> Christ in der Gegenwart 48/2014

Eberhard Schockenhoff (im Interview): Gegen das "Killer-Argument"
> katholisch.de 17.11.2014

"Ich mische mich nicht ein"
> katholisch.de 7.12.2014

Jörg Bremer: Ein Besuch bei Vater Benedikt
> Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 7.12.2014

Hintergrund

Zitat Joseph Ratzinger 1972:

Papst Benedikt XVI., hatte in einem Aufsatz aus dem Jahr 1972 zum Sakramentenempfang für wiederverheiratete Geschiedene die rhetorische Frage gestellt: „Wird das Anders-Können hier nicht zur Pflicht der Barmherzigkeit, des recht verstandenen ‚Evangeliums’?" Weiters heißt es: „Wo eine erste Ehe seit langem und in einer für beide Seiten irreparablen Weise zerbrochen ist; wo ungekehrt eine zweite Ehe sich über einen längeren Zeitraum hin als sittliche Realität bewährt hat und mit dem Geist des Glaubens, besonders auch in der Erziehung der Kinder, erfüllt worden ist (so dass die Zerstörung dieser zweiten Ehe eine sittliche Größe zerstören und moralischen Schaden anrichten würde), da sollte auf einem außergerichtlichen Weg auf das Zeugnis des Pfarrers und von Gemeindemitgliedern hin die Zulassung der in einer solchen zweiten Ehe Lebenden zur Kommunion gewährt werden."

Es folgt dann noch eine Ausführung von „zwei Gründen", die „von der Tradition her gedeckt" seien, wobei u.a. die Unzulänglichkeiten in Annullierungsverfahren erwähnt werden, sowie der „Typus von Nachsicht" bei Basilius, die „Barmherzigkeit Gottes, der die Buße nicht unbeantwortet lässt", und die Einsicht, dass „praktisch Enthaltsamkeit keine reale Möglichkeit" sein kann: „... wenn also aus moralischen Gründen das Aufgeben der zweiten Ehe unstatthaft ist und andererseits praktisch Enthaltsamkeit keine reale Möglichkeit darstellt (magnorum est, sagt Gregor II.,), scheint die Eröffnung der Kommuniongemeinschaft nach einer Zeit der Bewährung nicht weniger als gerecht und voll auf der Linie der kirchlichen Überlieferung zu sein: Die Gewährung der communio kann hier nicht von einem Akt abhängen, der entweder unmoralisch oder faktisch unmöglich wäre."

(Zitiert aus: Joseph Ratzinger, Zur Frage der Unauflöslichkeit der Ehe. Bemerkungen zum dogmengeschichtlichen Befund und zu seiner gegenwärtigen Bedeutung, in: H.Heinrich u. V.Eid, Ehe und Ehescheidung. Diskussion unter Christen, Kösel, München 1972, 35-56; Hervorhebungen fett von der Autorin)



Zitat Karl Lehmann 1974:

Schon 1974 hat Kardinal Lehmann Vorschläge für eine Zulassung von geschiedenen Wiederverheirateten zu den Sakramenten gemacht:

„1. Die Tolerierung einer Zweitehe und die damit verbundene Zulassung zu den Sakramenten darf in keiner Weise die verbindliche Grundform der unauflöslichen Ehe in Frage stellen. Eine entsprechende Pastoral muss bei den Betroffenen und in der christlichen Gemeinde das Bewusstsein einer Ausnahmesituation und einer Hilfe in klar umgrenzten Notfällen wecken und stärken.
2. Wo beim Scheitern der ersten Ehe schweres Versagen mit im Spiel war, müssen die übernommene Verantwortung und die begangene Schuld anerkannt und bereut werden. Etwaiges Unrecht und ein angerichteter Schaden müssen nach Kräften gutgemacht werden, was unter gewissen Umständen eine Rückkehr zum ersten Partner nicht ausschließt.
3. Wenn eine Rückkehr zum ersten Partner nicht möglich ist, muss glaubhaft gemacht werden, dass die erste Ehe beim besten Willen praktisch nicht wieder herstellbar ist. Dabei wird besonders darauf zu achten sein, ob die erste Ehe in einer für beide Partner irreparablen Weise zerbrochen ist.
4. Eine hernach eingegangene zweite Ehe muss sich über einen längeren Zeitraum hinweg im Sinne eines entschiedenen Willens zum dauerhaften Zusammenleben nach der Ordnung der Ehe und als sittliche Realität bewährt haben. Es muss auch geprüft werden, ob das Festhalten an dieser Bindung gegenüber dem Partner und den Kindern der gegenwärtigen Ehe eine neue sittliche Verpflichtung geworden ist. Beide Partner sollten außerdem bekunden, dass sie aus dem christlichen Glauben zu leben versuchen und aus religiösen Gründen und nach ernsthafter Gewissensprüfung die Teilnahme am sakramentalen Leben der Kirche erbitten.
5. Beide Partner und der verantwortliche Seelsorger tragen Sorge dafür, dass kein berechtigtes Ärgernis in der Gemeinde entsteht oder sich der Eindruck nahelegt, die Kirche nehme die Unauflöslichkeit der Ehe nicht mehr ernst.
Unter solchen Voraussetzungen und Bedingungen könnte m.E. wiederverheirateten Geschiedenen die Zulassung zum Bußsakrament und zur Kommuniongemeinschaft gewährt werden. Entscheidend bleibt jedoch die Voraussetzung: Nur vom Rang des ursprünglich von Jesus Christus Gebotenen her lässt sich das Nicht-Gesollte 'regeln'.“

Karl Lehmann, Zur Unauflöslichkeit der Ehe und Pastoral für wiederverheiratete Geschiedene, in: ders., Gegenwart des Glaubens, Mainz 1974, 292 f.


Zuletzt geändert am 02­.07.2015