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Veröffentlicht am 09­.09.2007

9.9.2007 - monalisa.zdf.de

Sexueller Missbrauch in der Kirche

Die katholischen Bürger im bayerischen Ort Riekofen sind fassungslos. Ihr Pfarrer soll sich an mehreren Ministranten vergangen haben. Der Priester wurde vom Bistum Regensburg eingesetzt, obwohl dort bekannt war, dass er schon einmal eine ähnliche Straftat begangen hat. Die Leitlinien der deutschen Bischofskonferenz verbieten das.

Erst wollte es niemand glauben in Riekofen, jetzt sind sie in der Gemeinde wütend und erschüttert. Seit gut einer Woche sitzt ihr Pfarrer Peter K. in Untersuchungshaft. Vorgeworfen wird ihm sexueller Missbrauch an zahlreichen Ministranten. Der Regensburger Bischof Gerhard Müller hatte den offenbar pädophilen Priester in der Gemeinde eingesetzt, obwohl er schon einmal als Kaplan wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde. Die Gemeinde Riekofen erfuhr diese Vorgeschichte erst jetzt. Viele fühlen sich von ihrem Bischof getäuscht.

Geistliche, die sich des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schuldig gemacht haben, werden nach Verbüßung ihrer Strafe nicht mehr in Bereichen eingesetzt, die sie mit Kindern und Jugendlichen in Verbindung bringen.

Aus den Leitlinien der deutschen Bischöfe. Auszug aus den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz 2002


Ein Wiederholungstäter

Nur 70 km von Riekofen entfernt, in Viechtach, lebt Familie Treimer. In diesen Tagen sind bei Sohn Benedikt die traumatischen Erinnerungen wieder da. Es war Ostern 1999. Der Student war zu dieser Zeit 12 Jahre alt und Ministrant in seiner Kirche. Der verhaftete Pfarrer Peter K. war damals Kaplan. Benedikt Treimer erinnert sich: "Der Kaplan ist mit mir in den anderen Raum gegangen und hat gemeint, ich solle jetzt mal meine Hose ausziehen, das bliebe alles unter uns. Er wolle mich nur aufklären und das mache er mit anderen Jungs auch so. Mit den Eltern könne man drüber ja nicht reden. Danach hat er angefangen, mir an das Geschlechtsteil zu fassen." Benedikt und seine Geschwister erzählten ihrer Mutter, einer Musikpädagogin, noch am selben Tag davon. Das Erlebte erschütterte das Familienleben. Benedikt Treimer.

Benedikt hält nichts mehr von der Kirche.

Johanna Treimer beschreibt die Situation: "Es ging ihm sehr sehr schlecht in der darauffolgenden Zeit. Und es war für mich ganz schwierig damit umzugehen. Ich hatte auch keine Hilfe, niemanden der mir Ratschläge gegeben hätte, wie man in so einer Situation mit einem missbrauchten Kind umgeht." Die Familie wandte sich an die Kirchengemeinde und das Ordinariat. Kaplan Peter K. wurde damals aus der Pfarrei sofort abgezogen, in Therapie geschickt, und später zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. 5000 Mark Schmerzensgeld zahlte der Täter an Familie Treimer. Die Mutter wollte von den Kirchenverantwortlichen damals eine Garantie dass der Pfarrer nicht wieder Kinder behelligen konnte: "Als ich verlangt hatte, dass sie mir ein Schriftstück unterschreiben, in dem stehen sollte, dass der Kaplan nicht mehr in der Kinder und Jugendarbeit eingesetzt werden solle, haben sie sich geweigert und mir mitgeteilt, das soll ich doch der Kirche überlassen."

Das Bistum gerät unter Druck

Die Bistumsleitung setzte diesen Pfarrer in Riekofen wieder ein. Nun wird der Druck auf den verantwortliche Bischof von Regensburg größer. Schließlich legen die Leitlinien der deutschen Bischöfe fest, dass einschlägig auffällig gewordene Priester nicht mehr mit Kindern in Kontakt kommen sollen. Der Bischof von Regensburg aber beruft sich auf positive psychologische Gutachten des inhaftierten Pfarrers, dem ZDF will er kein Interview geben. Sigrid Grabmeier von der Initiative "Wir-sind-Kirche e.V." hat mehrere Fälle sexueller Übergriffe in der Diözese Regensburg dokumentiert. Immer wieder, so sagt sie, würden im Umgang mit pädophilen Geistlichen die eigenen Leitlinien ignoriert.

"Sie haben es billigend in Kauf genommen, dass wieder etwas passiert", erklärt Sigrid Grabmeier, und: "Es ist eine wirklich grottenschlechte Entschuldigung zu sagen, das Gutachten wäre ja positiv gewesen. Denn selbst dann bleibt ein Restrisiko, und das darf man einfach nicht eingehen." Grabmeier fordert, dass der Regensburger Bischof nun die Verantwortung übernehmen müsse. Die Familie Treimer hat jedenfalls mit der katholischen Kirche abgeschlossen: "Es ist nur eine einzige Lüge, die ganze Kirche. Sie hat eigentlich nichts mit Glauben zu tun." Johanna Treimer fügt hinzu: "Es gibt für mich schon noch einen Glauben, aber fernab der katholischen Kirche." Am 23. September 2007 will der Bischof nach Riekofen kommen. Eine verunsicherte Pfarrgemeinde wartet auf seine Stellungnahme.

Zuletzt geändert am 10­.09.2007