| |
Veröffentlicht am 15­.10.2021

15.10.2021 - Neue Osnabrücker Zeitung

Kritik an Gehalt für Woelki in Auszeit

Bewegung „Wir sind Kirche“ und Steuerzahlerbund NRW fordern von Kölner Kardinal Ablehnung der Bezüge

Die gegenüber der Amtskirche kritische Bewegung „Wir sind Kirche“ und der Steuerzahlerbund (BdSt) Nordrhein-Westfalen haben die Ankündigung des Erzbistums Köln scharf kritisiert, dass der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki auch während seiner mehrmonatigen Auszeit sein volles Monatsgehalt weiter erhalte.

„Wir sind Kirche“-Sprecher Christian Weisner erklärte gegenüber unserer Redaktion: „Kardinal Woelki sollte sich nicht schon wieder gegen berechtigte Kritik taub stellen. Nach dem Kommunikationsdesaster der vergangenen beiden Jahre wäre der Kardinal gut beraten, auf Gelder zu verzichten, selbst wenn diese ihm rechtlich zustehen sollten.“

Das Erzbistum Köln hatte argumentiert: „Eine geistli- che Auszeit ist kein Urlaub“, sondern sie habe dienstlichen Charakter. Der Erzbischof sei weiterhin im Amt. Somit erhalte er während seiner bis Anfang März dauernden Auszeit seine vollen Bezüge von 13 771 Euro im Monat nach der Beamtenbesoldungsgruppe B10, was dem Gehalt eines Oberbürgermeisters entspreche. „Einen erheblichen Teil davon“ wolle Woelki für Missbrauchsopfer spenden. - Mehr als 13 800 Euro monatlich bekommt der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki während seiner sechsmonatigen Auszeit.

Letzteres wiederum sei keine gute Idee, findet „Wir sind Kirche“. „Das werden diese eher als Hohn empfinden“, vermutete Weisner. Er fügte hinzu, die Situation werfe einmal mehr die grundsätzliche Frage nach der Bischofsbesoldung in Deutschland auf. Diese werden wie auch andere Gehälter in der Kirche im Rahmen von Staatsleistungen, also vom Steuerzahler, übernommen. Im Zusammenhang damit müsse man auch ganz grundsätzlich das Finanzgebaren des Erzbistums Köln – und wer darüber zu entscheiden habe – hinterfragen.

BdSt-Haushaltsexperte Markus Berkenkopf kritisierte in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“: „Wenn Bezüge fortbezahlt werden, ohne dass die eigentliche Arbeit verrichtet wird, ist das nicht in Ordnung.“ Aus Sicht des Steuerzahlerbundes kommt die Auszeit einer Freistellung gleich. „Diese sollte ohne Bezüge erfolgen, zumal die Bischofsgehälter aus Steuermitteln, also von der Allgemeinheit, finanziert werden."

KOMMENTAR
Stefanie Witte, s.witte@noz.de
Da mag sich mancher die Augen reiben und die eigene Berufswahl hinterfragen. Bei genauerer Betrachtung schließen sich aber vor allem zwei grundsätzliche Fragen an: Darf er das? Und: Sollte er das?

Die erste Frage lässt sich vergleichsweise schnell klären. Der Steuerzahlerbund kritisiert zwar, Woelkis Auszeit komme einer Freistellung bei vollen Bezügen gleich; seine eigentliche Arbeit verrichte er nicht, also solle er auf sein Gehalt verzichten. Rechtlich ist der Vorgang jedoch unproblematisch: Auch wer freigestellt ist, ob in der Kirche oder in der freien Wirtschaft, darf sein Gehalt weiter beziehen.

An der zweiten Frage – sollte der Kardinal dieses Gehalt annehmen – wird sich dagegen der Zorn vieler entzünden: Ein Kardinal, der so viele Fehler gemacht hat, dass er derzeit als Kölner Erzbischof nicht tragbar ist, nimmt weiterhin so viel Geld an? Hier geht es immerhin nicht um einen VW-Manager, sondern um einen Kirchenoberen, für den höchste moralische Ansprüche gelten (sollten).

An der Causa Woelki könnte sich nun einmal mehr eine Grundsatzdebatte entzünden: Wie lange sollen eigentlich noch Gehälter für Bischöfe und andere Kirchenangestellte in Staatsleistungen einfließen? Wie lange also soll ein atheistischer, agnostischer oder muslimischer Steuerzahler dafür noch mit seinem Steuergeld aufkommen? Für den Moment läge es aber an Woelki, Kritiker zu widerlegen, indem er schlicht auf sein Gehalt verzichtet.

Zuletzt geändert am 18­.10.2021