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Veröffentlicht am 17­.07.2020

16.7.2020 - european-news-agency.de

Biker-Pfarrer als Stachel im Fleisch der Kirche

Schweinfurt [ENA] Das Wirken des am Mittwoch verstorbenen fränkischen Kirchenkritikers und Biker-Pfarrers Roland Breitenbach ist von Fans und Gegnern gewürdigt worden. Während das Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland an die “vielen erfolgreichen Seelsorge-Projekte” des umstrittenen Geistlichen erinnerte, sieht die Reformbewegung Wir sind Kirche einen Visionär in ihm, der Kirchenreform gelebt habe.

Breitenbach war im Alter von 84 Jahren in einem Schweinfurter Krankenhaus gestorben, in das er mit einem Oberschenkelhalsbruch eingeliefert worden war. In einem Bericht des kirchlichen Internetportals Katholisch.de hiess es am Donnerstag, Breitenbach sei der “Stachel im Fleisch der Diözese Würzburg” gewesen, habe aber “vieles in dieser Kirche vom Kopf wieder zurück auf die Füsse gestellt”. Sein wohl bekanntestes Werk unter zahlreichen Büchern sei "Der kleine Bischof", ein "kirchlicher Zukunftsroman", gewesen, der unter kritischen Katholiken Kult geworden sei. Der Erlös aus dem Verkauf des Buches sei ungeschmälert in eine Initiative geflossen, mit der eine Gruppe von Pfarrern mit 1,5 Prozent ihres Gehalts Arbeitslose unterstützte.

Wir sind Kirche erinnerte in einer Stellungnahme an die Arbeit des katholischen Geistlichen, dessen Buch schon 1991 Massstäbe gesetzt habe, wie Kirchenleitung aussehen solle: “ein Bischof, der nicht als Hierarch auftritt, sondern mitten unter den Menschen lebt als einer, der dient.” Auch habe Breitenbach, der zu den Erstunterzeichnern des KirchenVolksBegehrens 1995 gehört habe, den Zölibat scharf kritisiert. “Beim Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland wird heute danach gesucht, wie Kirche zukunftsfähig werden kann. Werden seine prophetischen Worte nach 30 Jahren auf fruchtbaren Boden fallen”, fragen die Reformer.

Katholisch.de und Wir sind Kirche berichten übereinstimmend, dass Breitenbach 2010 ohne Dank der Amtskirche in den Ruhestand gegangen sei. Mit den Reformern sei er jedoch ebenfalls verbunden geblieben. So habe er bei einer Bundesversammlung 2008 aus seinem Buch „Jesus wäre heute ein Palästinenser“ gelesen. Breitenbach sei kein Kirchenfunktionär, sondern stets ein „freier Mitarbeiter“ Christi gewesen. “Er schenke ihm nicht ‘die ewige Ruhe’, sondern ‘die Fülle des Lebens’, schrieb Wir sind Kirche. Breitenbachs Berufswunsch war ursprünglich Journalist gewesen, was ihn zu einem kurzen Besuch im Axel Springer Verlag führte. Dann war er aber doch Priester geworden.

Der Bayerische Rundfunk bemerkte auf seiner Website, dass Breitenbach für seine charismatischen Gottesdienste und Kritik am Würzburger Bischof und dem Papst bekannt gewesen sei, ganz nach seinem Credo: Nicht aus der Kirche austreten, sondern engagiert auftreten und Kritik äussern. Mehrere tausend Motorradfahrer aus ganz Nordbayern nahmen regelmässig an seinen Motorrad-Gottesdiensten teil. Breitenbach sei auch bekannt gewesen für seine Ehevorbereitungsseminare, den von ihm erfundenen "Ehe-TÜV", und sein soziales Engagement. Im von ihm gegründeten Café Löwenzahn gab er Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen einen Job und bot ihnen vegetarische Gerichte an.

Breitenbach stammte aus Chemnitz und war in Aschaffenburg aufgewachsen. Aufgrund seines Wirkens und seiner Popularität verlieh ihm der Regierungspräsident von Unterfranken, Franz Vogt, 1999 den Frankenwürfel, der als hohe fränkische Auszeichnung gilt. In seiner Laudatio sagte Vogt, aus fränkischer Sicht habe es eine Schwachstelle in der Biografie von Roland Breitenbach gegeben: dass er in Chemnitz geboren wurde. “Heute stellen wir in aller Öffentlichkeit fest: Breitenbach hat die Bewährungszeit genutzt und ist Franke geworden. Und was für einer."

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Zuletzt geändert am 17­.07.2020