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Veröffentlicht am 26­.06.2020

26.6.2020 - kurier.de / DPA

Rund 110 000 Bayern aus der Kirche ausgetreten

Bonn/München (dpa/lby) - Rund 110 000 Bayern sind im vergangenen Jahr aus der Kirche ausgetreten. Die katholische Kirche verzeichnete in Bayern rund 78 000 Austritte, wie die Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am Freitag mitteilte. Bei den Protestanten waren es nach Angaben der evangelischen Landeskirche 32 000 Austritte. ...

In Bayern verlor die katholische Kirche so viele Mitglieder wie in keinem anderen Bundesland. Der Freistaat hatte zwar mit knapp 6,3 Millionen auch besonders viele Katholiken. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem 2019 gut 6,6 Millionen Katholiken lebten, traten aber nur rund 68 000 aus der Kirche aus.

Der größte Teil der katholischen Kirchenaustritte fiel im vergangenen Jahr auf das größte Bistum in Bayern, das Erzbistum München und Freising von Kardinal Reinhard Marx. Dort traten 2019 mehr als 27 000 Katholiken aus ihrer Kirche aus.

Im Bistum Augsburg waren es rund 15 500. "Diese Zahlen sind für mich Impuls und zugleich Anlass zur Sorge", sagte der Augsburger Bischof Bertram Meier. "Selbstkritisch müssen wir uns fragen: Was bieten wir den Leuten an? Womit speisen wir sie ab? Wie steht es um unsere Glaubwürdigkeit? Sind wir lebensrelevant?"

Im Bistum Regensburg lag die Zahl der Austritte bei rund 10 600. Das Bistum hat ein "Austrittstelefon" gestartet. Dort können Austrittswillige anrufen und über ihre Zweifel, Fragen und Beschwerden sprechen.

Regensburg wird gefolgt vom Erzbistum Bamberg und dem Bistum Würzburg mit jeweils rund 8000 Austritten und dem nach Katholikenzahlen kleinsten bayerischen Bistum Eichstätt mit rund 4400. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sieht in der erneuten Austrittswelle auch eine Reaktion auf kirchliche Skandale. Der Würzburger Bischof Franz Jung sagte: "Die Zahlen der kirchlichen Statistik für das Jahr 2019 tun weh, richtig weh." Er nehme die Entscheidung eines jeden, der sich enttäuscht, genervt, frustriert oder gelangweilt von der Kirche abwende, sehr ernst und bedauere dies zutiefst. Es gelte, das aktuelle Kirchesein zu hinterfragen".

Die wenigsten Kirchenaustritte verzeichnete im vergangenen Jahr das Bistum Passau mit rund 4200. Aber auch dieser vergleichsweise geringe Rückgang komme in seinem Bistum zahlenmäßig dem Verschwinden eines ganzen Pfarrverbandes gleich, sagte Bischof Stefan Oster. "Diese Zahlen zeichnen ein klares Bild. Der gesellschaftliche Trend zur Entkonfessionalisierung geht in unserem Land ungebrochen weiter." Er habe aber trotzdem Hoffnung: "Ich durfte gerade in dieser Zeit der Pandemie erleben, wie viele Menschen Sehnsucht hatten nach Stärkung des Glaubens und solidarischem Handeln."

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Die Organisation "Wir sind Kirche" sieht die Gründe für die steigende Zahl an Kirchenaustritten vor allem in der ihrer Ansicht nach zögerlichen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt sowie in einer "grundsätzlichen Diskriminierung" von Frauen. Letztere sei "ein Zeichen von Halsstarrigkeit, die in einer Gemeinschaft, die sich auf Jesus, den Christus beruft, keinen Platz haben darf und der sie deshalb der Rücken kehren".

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https://www.kurier.de/inhalt.bayern-78-000-bayern-aus-der-katholischen-kirche-ausgetreten.4ac30bde-b18d-492b-8ea0-1a57a0e968b8.html

Zuletzt geändert am 29­.06.2020