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Veröffentlicht am 11­.03.2019

11.3.2019 - Neue Osnabrücker Zeitung

Deutsche Bischöfe treffen sich ab heute in Lingen

Von Stefanie Witte

Lingen. Wandelt sich die katholische Kirche in Deutschland und beschließt sie nach dem Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan endlich tiefgreifende Reformen? Diese Frage könnte in den kommenden Tagen in Lingen beantwortet werden. Gläubige wollen die Bischöfe auch vor Ort unter Druck setzen.

Ab heute verwandelt sich Lingen vier Tage lang ins Zentrum der deutschen katholischen Kirche. Bis Donnerstag werden 26 Diözesanbischöfe und 41 Weihbischöfe im Emsland tagen. Bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz dürften die Tage lang und die Diskussionen intensiv werden: Alles dreht sich um den Missbrauchsskandal, der die katholische Kirche in Deutschland auch neun Jahre nach seinem Höhepunkt beherrscht. Im vergangenen Herbst hatten die Bischöfe eine Missbrauchsstudie vorgestellt. In Lingen wird es nun um Konsequenzen gehen.

Weiterlesen: Warum ist die Versammlung der deutschen Bischöfe in Lingen wichtig?

Die Opfer-Initiative „Eckiger Tisch“ fordert im Gespräch mit unserer Redaktion die Geistlichen auf, ihren Ankündigungen aus dem Herbst Taten folgen zu lassen. „Es braucht klare Schritte hin zu einer unabhängigen Aufarbeitung in den Bistümern und einer angemessenen Entschädigung für die Opfer“, erklärte Matthias Katsch, Sprecher der Organisation. Die Ordensgemeinschaften, in deren Trägerschaft zahlreiche Einrichtungen lagen, in denen Kinder zu Schaden kamen, seien in gleicher Weise gefordert. Ebenso die Träger der vielen Heime und Einrichtungen der Jugendhilfe. „Die Kirche in Deutschland insgesamt ist zu einer gemeinsamen Anstrengung aufgerufen“, folgerte Katsch. Ihre Forderungen hätte die Opferinitiative gerne persönlich in Lingen vorgetragen. Eingeladen sei sie aber nicht. 

(Weiterlesen: Bistum Osnabrück will Täter finanziell bestrafen)

Auch die kirchenkritische Organisation „Wir sind Kirche“ sieht „akuten Handlungsbedarf“. Nur ein gemeinsames Handeln aller deutschen Bischöfe biete die Chance, „der größten Glaubwürdigkeitskrise seit der Reformation zu begegnen, die die jahrzehntelang vertuschte sexualisierte Gewalt durch Kleriker gegenüber Kindern, Jugendlichen, Frauen und Ordensfrauen ausgelöst hat“, heißt es in einer Mitteilung der Organisation. Aus Sicht der Initiative ist dabei auch der Staat gefragt: Er müsse bei der Kirche eine Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden einfordern und Standards für eine Aufarbeitung von Missbrauch entwickeln. Innerkirchlich müssten die tieferen Ursachen angegangen werden. Diese lägen etwa „im klerikalen zölibatären Machtsystem“ begründet und im „Ausschluss der Frauen von allen Weiheämtern“.

(Weiterlesen: Opfer erhebt Vorwürfe: Missbrauchte Präses Jungen im Meppener Konvikt?)

Heute Abend will die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) Unterschriften an den Gastgeber, den Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, überreichen. Dazu werden in Lingen mindestens 100 Frauen aus dem Bistum Osnabrück und Umgebung erwartet, die mit einem Schweigemarsch zur Kirche Sankt Bonifatius ziehen wollen. Dort wollten sie Taschenlampen auf die Kirchentür richten. Außerdem wolle man ein Klagegebet mit Bischof Bode gesprochen, zu dem weitere Bischöfe eingeladen seien. Die Marsch-Teilnehmer wollen demnach „ihre Wut und Enttäuschung sowie zugleich Hoffnung auf Erneuerung der Kirche zum Ausdruck bringen“. (Weiterlesen: Das muss man wissen zu einem der größten Missbrauchsfälle in Niedersachsen)

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Zuletzt geändert am 11­.03.2019