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Veröffentlicht am 10­.06.2016

10.6.2016 - Publik-Forum 11/2016

Die neue Reformation

von Wolfgang Kessler

In der Alten Börse fordern Theologen eine linke Ökumene Nein, unpolitisch war der 100. Katholikentag in Leipzig nicht. Doch bei der Diskussion über den Umgang mit rechts kam die Debatte über die großen Herausforderungen für die Menschheit zu kurz.

In aller Offenheit wurden diese auf dem »Katholikentag Plus« angesprochen, den die Kirchenvolksbewegung Wir sind Kirche und die Leserinitiative Publik-Forum im Herzen von Leipzig, in der Alten Börse, organisiert hatten.


Der Theologe Eugen Drewermann forderte eine radikale Umkehr zu Gerechtigkeit – in einer Zeit, in der die »angeblich so zivilisierte westliche Welt« ihr System mit Kapital und Waffengewalt verteidigt. »Und sich um die Opfer im Mittelmeer und im Süden der Welt nicht kümmert.«

Für den Sozialethiker Franz Segbers verletzt die Bundesregierung täglich die Menschenrechte, indem sie »jeden siebten Bürger in diesem reichen Land vom Wohlstand ausschließt«. Er verlangt eine Debatte über Reichtum und eine Bewegung für Gerechtigkeit.

Vor entscheidenden Weichenstellungen stehen die Regierungen nach Meinung des Klimaforschers Ottmar Edenhofer. »Wenn die Welt 1400 Gigawatt zusätzliche Kohlekraft baut – wie noch immer geplant –, statt diesen Kapitalismus in den kommenden Jahren radikal klimaverträglich umzubauen, dann können wir unsere Klimaziele vergessen.«

Es sind diese tiefen Krisen, die mehr als hundert Befreiungstheologen im Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 zu einem einmaligen Projekt bewogen haben: die Reformation radikalisieren. So wütend wie Martin Luther vor 500 Jahren über den Ablasshandel der katholischen Kirche war, so wütend »sind wir heute über eine Welt, die sich nur noch am Mammon orientiert und nicht mehr an den Menschen«, sagte die katholische Theologin Magdalene Bussmann. Für ihren protestantischen Kollegen Ulrich Duchrow »geht die Erde kaputt, wenn der Kapitalismus so bleibt, wie er ist«. Deshalb fordern die neuen Reformatoren eine linke Ökumene für einen »radikalen Zivilisationswandel«, der die Ziele der konziliaren Bewegung wirklich ernst nimmt: Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung.

Dieser Text stammt von der Webseite https://www.publik-forum.de/Publik-Forum-11-2016/die-neue-reformation des Internetauftritts von Publik-Forum

Zuletzt geändert am 10­.06.2016