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Veröffentlicht am 30­.03.2014

30.03.2014 - hr-online

Erstes Hochamt nach Tebartz-Rücktritt

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Sah es vor wenigen Tagen noch so aus, als würde das Schauspiel um den früheren Limburger Bischof Tebartz-van Elst weitergehen, obwohl mit seinem Rücktritt der Vorhang gefallen war, wollten die Gläubigen in Limburg am Sonntag nur Eines: ihre Ruhe. Vor immer neuen Schlagzeilen über ihren früheren Bischof, seine Skandale und aberwitzigen Selbstverteidigungsversuche, vor den Kamerateams auf dem Domberg und vor der eigenen Empörung über all das, was sich in den letzten Jahren in ihrem Bistum abgespielt hat.

Vielleicht lag es an diesem Wunsch nach Ruhe, dass das erste Hochamt nach dem spektakulären Rücktritt nur mäßig besucht war – viele Reihen im Georgsdom waren leer geblieben. Einfach so werden die Gläubigen in Limburg aber nicht zur Ruhe kommen, darauf wies auch Dompfarrer Gereon Rehberg zu Beginn des Gottesdienstes hin.

Dompfarrer: Vergeben und in die Zukunft schauen Mit dem Rücktritt von Tebartz-van Elst liege eine ereignisreiche Woche hinter allen, resümierte Rehberg und betonte: "Der Bischof hat um Vergebung gebeten. Als Christen sollten wir uns diesem Wunsch annehmen und gemeinsam mit Gott in die Zukunft blicken" - das einzige Mal, dass Tebartz-van Elst während des Gottesdienstes erwähnt wurde.

Zu dem Hochamt im Georgsdom waren weder der neue kommissarische Leiter des Bistums erschienen, der Paderborner Weihbischof Manfred Grothe, noch sein Stellvertreter Wolfgang Rösch. Grothe ließ allerdings ein Grußwort verlesen. Große Teile des Gottesdienstes wurden auf lateinisch gehalten – was viele Anwesende störte. Der abgehobene Bischof sei zwar weg - mehr Bodenständigkeit in der katholischen Kirche aber noch lange nicht in Sicht.

Mehr Offenheit und Transparenz So sagte eine Besucherin dem hr, dass sich "so sehr viel ändern muss in der Kirche. Eine Messe auf lateinisch zu halten ist nicht mehr zeitgemäß, man muss sie so halten, dass die Gläubigen sie auch verstehen".

Auch in ihrem Wunsch nach mehr Transparenz und Offenheit ihrer Kirche in Zukunft waren sich die meisten Gläubigen einig, und in ihrer Erleichterung darüber, dass der Papst ihren ungeliebten Bischof abberufen hat. "Alles andere hätte keinen Sinn gemacht", sagte ein Kirchgänger.

Nur die Sache mit der Reue, die Tebartz-van Elst nach der Audienz beim Heiligen Vater plötzlich an den Tag legte, nahmen ihm die meisten Menschen in Limburg nicht ab.

Tebartz-Kritiker fordern, ihm zu verzeihen Wie wichtig Vergebung für einen Neuanfang im Bistum ist, hatten auch zwei der schärfsten Kritiker von Tebartz-van Elst unterstrichen. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller und Karl-Josef Schäfer von der Laienbewegung "Wir sind Kirche" im Bistum Limburg vermuten zwar ebenfalls, dass die Bitte um Vergebung des früheren Bischofs auf Druck des Papstes entstand. Trotzdem könne man davon ausgehen, dass der Bischof das wirklich so meine, sagte Schäfer. Die Menschen sollten ihm tatsächlich verzeihen und in die Zukunft blicken. Schüller forderte die Gläubigen auf, Tebartz-van Elst die Hand zu reichen. Vergebung fordere die kirchliche Lehre.

Zu Eltz: Gläubige fragen "Gebot der Stunde" Für mehr Offenheit bei der Wahl des nächsten Bischofs sprach sich der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz aus. Eine Befragung der Kirchenmitglieder schloss er in der hessenschau nicht aus. "Bei über 660.000 Diözesanen muss man die Form finden. Aber unsere Gläubigen müssen wir vorher fragen - das ist jetzt einfach das Gebot der Stunde."

Als einer seiner schärfsten Kritiker hatte zu Eltz als Mitglied des Domkapitels den alten Bischof noch mitbestimmt - und spart in dem Zusammenhang nicht mit Selbstkritik: "Es ist kein Tag vergangen, wo ich mir nicht überlegt habe, was wir da getan haben, was wir anders hätten machen können - und vor allem: wo wir früher hätten sprechen können." Zu Eltz äußerte zugleich die Hoffnung, dass Rom die Wahl des nächsten Bischofs noch in diesem Jahr ermöglicht: "Es wäre möglich und wir bräuchten es."

Mit Informationen von hr-Reporter Christian Scholze

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Zuletzt geändert am 26­.04.2014