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Veröffentlicht am 01­.10.2013

1.10.2013 - Westdeutsche Zeitung

Papst leitet Vatikan-Reform ein

Rom. Mit offener Kritik an einer oftmals zu großen „Vatikan-Zentrierung“ der Kirche hat Papst Franziskus gestern ein Beratergremium einberufen. Acht Kardinäle, darunter als einziger Europäer der Münchner Erzbischof Reinhard Marx, tagen zunächst bis Donnerstag. Sie sind vom Papst beauftragt, ihm Reformvorschläge für die Kurie und die Kirche vorzulegen.

Franziskus geht es um eine Revision der Struktur und Funktionsweise der vatikanischen Regierung. Die Kardinäle sind zur Diskretion aufgerufen, was die Inhalte ihrer Beratungen angeht. Eine schlankere Kurie und eine stärkere Vernetzung der „Regierungsarbeit“ dürften aber zu ihren Zielen gehören. Bislang etwa finden keine Gespräche zwischen führenden Kurie-Mitarbeitern statt. Sie alle berichten allein dem Papst.

Bislang dürfen Geschiedene nicht zur Beichte gehen

Ein Thema, das vor allem die Gemeinden bewegt, ist der Umgang mit Geschiedenen. So soll es auch darum gehen, sie nicht länger von den Sakramenten wie Kommunion und Beichte auszuschließen. In Deutschland setzt sich unter anderem die Initiative „Wir sind Kirche“ für dieses Ziel ein. Mitinitiator Christian Weisner ist optimistisch: „Papst Franziskus hat ganz klar einen Lösungsweg vorgezeichnet, in dem er auf die orthodoxe Kirche verwiesen hat.“ Dort gibt es die Möglichkeit zur Wiederheirat.

In der katholischen Kirche würden geschiedene Gemeindemitglieder dagegen in schwierige Situationen geraten. „Es gibt den Gang in die Anonymität, in Nachbargemeinden. Das ist die Doppelmoral der katholischen Kirche – aber was ist das für eine Botschaft?“ vezi/dpa
Kommentar: Weiter denken
Von Vera Zischke

Geschiedene zur Kommunion und zur Beichte zuzulassen, ist für die katholische Kirche mit ihrem Verständnis von der Unauflöslichkeit der Ehe ein großer Schritt. Dass sich Papst Franziskus dafür ausspricht, deutet an, dass die Kirche bereit ist, auf veränderte gesellschaftliche Realitäten einzugehen. Dann ist aber auch ein weiterer Schritt zwingend: Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen dürfen nicht mehr entlassen werden, nur weil ihre Ehe in die Brüche geht.

Zuletzt geändert am 02­.10.2013