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Veröffentlicht am 26­.08.2013

26.8.2013 - Donau-Kurier

Es drohen bis zu 15 Jahre Haft

Heideck (EK) Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat ihre Vorwürfe gegen den Heidecker Stadtpfarrer konkretisiert. Sie ermittelt in sieben Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, erklärte Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke auf Anfrage der Hilpoltsteiner Redaktion unserer Zeitung.

Dabei soll es sich um Vorfälle an der früheren Wirkungsstätte des Pfarrers in der Oberpfalz handeln. Der mutmaßlich betroffene Junge war noch keine 14 Jahre alt. „Wir konzentrieren uns auf die Fälle zwischen 1998 und 2001“, sagte die Oberstaatsanwältin unserer Zeitung gestern. Damals leitete er eine Pfarrei im Dekanat Neumarkt. Erst 2004 war der Pfarrer in Heideck eingesetzt worden. Zwar seien auch dort Räume durchsucht worden, das sichergestellte Material müsse aber erst ausgewertet werden. „Aber wir haben keine Anhaltspunkte für weitere Fälle“, betonte Gabriels-Gorsolke. „Mehr kann und darf ich Ihnen nicht sagen. Die Ermittlungen dürfen nicht gefährdet werden.“ Sollte es zur Anklage kommen, drohen dem Pfarrer bis zu 15 Jahre Haft.

Entsetzt hat die Heideckerin Christel Gottwald auf die Vorwürfe gegen ihren Pfarrer reagiert. Die praktizierende Christin, die bei der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ aktiv ist, rang nach Worten: „Ich bin getroffen bis ins Mark“, sagte sie gestern. Zwar gehe sie von der Unschuldsvermutung aus, bis die Sache geklärt sei, aber „wenn die Vorwürfe auch nur annähernd stimmen, ist das verwerflich bis zum Letzten“. Die Kirche solle nun „offen und ehrlich“ reagieren. Das von Kaplan Dominik Pillmayer angedrohte Hausverbot für Journalisten fand Gottwald „ungeheuerlich“. Die Kirche dürfe das nicht unter den Tisch kehren, sondern müsse in den „eigenen Reihen ganz genau hinschauen“. Kaplan Pillmayer hatte sich am Samstag in der Vorabendmesse in Liebenstadt nach Informationen unserer Zeitung noch wenig offen gezeigt: Anwesenden Medienvertretern soll er verboten haben zu fotografieren und überhaupt nur zu berichten. Andernfalls drohten ein Hausverbot und juristische Schritte.

Walter Hürter aus Ingolstadt, der Sprecher der Bewegung „Wir sind Kirche“ für die Diözese Eichstätt, sagte gestern, dass das Bedauern der Kirche gegenüber dem Opfer zu kurz gekommen sei. „Es ist generell das Problem, dass die Kirche die Thematik nicht entschieden genug aufarbeitet“, so Hürter. „Man muss den Ursachen nachgehen und nicht nur hinterher feststellen, dass etwas passiert ist.“

Der Eichstätter Bischofsvikar Georg Härteis hatte den Sonntagsgottesdienst an Stelle des inhaftierten Stadtpfarrers gehalten und war erst am Schluss der Messe auf die Vorfälle eingegangen. Härteis sagte, er habe den Stadtpfarrer im Gefängnis besucht, dieser habe einen „beherrschten Eindruck“ gemacht. Der Stadtpfarrer wolle „die Situation in solider Weise bestehen“, sagte Härteis. Dabei wisse dieser, dass dies nicht nur eine persönliche Prüfung für ihn selbst sei, sondern auch für die Menschen in seinen Pfarreien. Denen danke er für die Solidarität und lasse sie grüßen, so Härteis. Der Geistliche war wie bereits berichtet am Dienstag verhaftet worden. Härteis zitierte auch aus einer Erklärung von Isidor Vollnhals, dem Generalvikar des Bistums Eichstätt, der die Gläubigen seitens der Diözese informieren will. Und die Gläubigen waren am Sonntag in Scharen gekommen. Die Heidecker Kirche war voll besetzt, die Gläubigen standen sogar auf dem Gang.

„Das laufende Ermittlungsverfahren ist ergebnisoffen“, betonte Isidor Vollnhals in seinem Schreiben an die Gemeinde. „Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.“ Die Situation sei allerdings „für uns alle erschütternd und verwirrend“.

Die Heidecker Kirchengemeinde konnte kaum glauben, dass ihr Pfarrer ein Verbrechen begangen haben soll. „Ein super Pfarrer ist er“, sagte eine ältere Frau nach der Messe. „Überrascht“ sei man gewesen, man könne nichts Schlechtes über ihn sagen. „Mir tut er leid“, sagte ein anderer Mann. Die meisten wollten lieber schweigen. „Ich gebe keine Auskunft“, lautete die Standardantwort auf Fragen der Medienvertreter. Auch der Heidecker Bürgermeister Ottmar Brunner, der die Sonntagsmesse um 10 Uhr besuchte, schüttelte nur den Kopf und eilte davon.

Der Bistumspressesprecher Martin Swientek betonte gestern, dass die Diözese Eichstätt für Gesprächswünsche zur Verfügung stehe. Ende 2012 hat das Bistum ein Präventionsbüchlein herausgegeben. „Kinder und Jugendliche müssen die Gewissheit haben, dass sie offen sprechen und bei Problemen Hilfe erwarten können“, heißt es darin. Zudem wurde eine Hotline unter der Nummer (0 84 21) 50-500 geschaltet, die Gabriele Siegert, Referentin für „Prävention sexualisierte Gewalt“ betreut. Dort hätten schon einige Heidecker angerufen, sagte Siegert. „Und sie waren in erster Linie fassungslos. Die meisten wollen aber, dass die Wahrheit ans Licht kommt, egal, wie sie ausfällt.“ Die Hotline, betonte Siegert, stehe auch für Anfragen von außen offen, nicht nur für Kirchenmitglieder.

Von Monika Meyer

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Zuletzt geändert am 03­.09.2013