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Veröffentlicht am 17­.10.2012

17.10.2012 - Frankfurter Rundschau

Konziliare Versammlung debattiert andere Kirche

Von Katharina Sperber

Ihnen reicht’s. Mehr als 30 katholische Gruppen wie die KirchenVolksBewegung oder das Ökumenische Netzwerk Initiative Kirche von unten und etliche Einzelpersonen wollen „nicht mehr auf Klerus und Hierarchie warten“, sondern sich selbst auf den Weg machen. „Wir wollen unserer eigenen Verantwortung in der Welt gerecht werden, dafür die Enteignung des kirchlichen Erbes rückgängig machen und uns die Kirche im Dienst dieser Aufgabe wieder aneignen“, heißt es in einem Aufruf, der vor Monaten gestartet wurde und nun einen ersten Höhepunkt in Frankfurt finden wird.

Ab Donnerstag halten die Kirchenreformer in Frankfurt eine sogenannte Konziliare Versammlung ab, auf der sie die Zukunft der katholischen Kirche diskutieren wollen. Damit werde zugleich eine öffentliche Konzilserinnerung eingeleitet, die bis 2015 dauern soll. Die Reformer sind der Meinung, dass sich 50 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil in Rom die katholische Kirche erneut verändern muss. Viele Versprechen des Konzils von 1962 seien längst nicht eingelöst, zum Beispiel das Postulat einer Kirche der Armen.

Überschrieben ist der Kongress „Zeichen der Zeit – Hoffnung und Widerstand“. Es gehe, heißt es in den Kongresspapieren, darum, die Zeichen der Zeit neu zu lesen und daraus Schlüsse für die Katholiken zu ziehen. Sie wollen eine „andere Kirche“ als die Amtskirche. Diese sei in den vergangenen 50 Jahren wieder erstarrt, höre nicht auf die Zeichen der Zeit und nehme achselzuckend Verarmung, Ausbeutung und Zerstörung der Natur hin. Dennoch wollen sich die Reformer nicht vorwerfen lassen, sie stünden nicht auf dem theologischen Boden der Kirche. „Man kann sehr wohl Christ sein, ohne dem von der Kirche befohlenen Kurs zu folgen“, sagt der Theologe Norbert Mette.

Die Fäden der Vorbereitung des Kongresses liefen beim Institut für Theologie und Politik in Münster zusammen. Als Orte für die Workshops, Gottesdienste und Aktionen, haben sich die Organisatoren Frankfurt und das Gallusviertel ausgesucht. Aus gutem Grund: In der Paulskirche, in der 1848 das erste deutsche Parlament tagte, wird die Konziliare Versammlung eröffnet werden. Im Haus Gallus, in dem die Frankfurter Auschwitzprozesse 1964 bis 1965 geführt wurden, finden viele Workshops statt. „Das Gallusviertel, wo unterschiedlichste Menschen, Gemeinden und Religionen zusammenleben, ist ein passender Ort für diese einzigartige Konziliare Versammlung im Schatten der Banktürme, den eigentlichen Kathedralen unserer Zeit“, heißt es.






DER KONGRESS
Die Konziliare Versammlung „Zeichen der Zeit – Hoffnung und Widerstand“ findet vom Donnerstag, 18. Oktober, bis Sonntag, 21. Oktober, in der Paulskirche und im Haus Gallus, Frankenallee 111, in den katholischen Gemeinden Maria Hilf, Rebstöcker Straße 70, Sankt Gallus, Kostheimer Straße 9, und in der evangelischen Friedensgemeinde, Fischbacher Straße 2, statt.

In mehr als 50 Workshops und Aktionen werden die rund 500 Teilnehmer aus dem In- und Ausland Reformen für die katholische Kirche debattieren.

Eröffnet wird der Kongress am Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr, in der Paulskirche. Sprechen werden der Tübinger Theologe Hans Küng, der beim Konzil 1962 offizieller Berater war, und der fast 90-jährige italienische Konzilsvater Bischof Luigi Bettazzi. Susan George, eine französische Mitbegründerin der kapitalismuskritischen Organisation Attac, wird auf das Konzil und seine Wirkung blicken. Die Veranstaltung ist für alle offen und kostet keinen Eintritt.
In einer Abschlusserklärung sollen am Sonntag, 21. Oktober, 10 bis 13 Uhr, im Haus Gallus Perspektiven für einen neuen Aufbruch aufgezeigt werden. Es diskutieren mit der Begründer der neuen politischen Theologie Johann Baptist Metz, der Dortmunder Theologieprofessor NorbertMette und der portugiesische Bischof Alberto Moreira.

Weitere Informationen: www.prokonzil. de

Zuletzt geändert am 15­.11.2012