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Veröffentlicht am 15­.09.2012

15.9.2012 - epd

"Spielraum" für Wiederverheiratete in katholischer Kirche

Die katholische Kirche in Deutschland macht Wiederverheirateten Hoffnung auf ein Entgegenkommen. Doch zunächst soll nur über das Arbeitsrecht gesprochen werden. Der Zulassung zum Abendmahl steht eine Verständigung mit dem Vatikan im Wege.

Hannover (epd). Die katholische Kirche in Deutschland sucht nach Wegen, wiederverheirateten Geschiedenen entgegenzukommen. "Ich sehe Spielraum im Arbeitsrecht", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Sonnabend in Hannover. Konkret gehe es etwa um die Anstellung wiederverheirateter Geschiedener in katholischen Kindergärten oder Einrichtungen der Caritas. Das sei eine deutsche Angelegenheit, die nicht so eng mit dem Vatikan abgestimmt werden müsse.

Auch bei den Ehrenämtern gebe es Möglichkeiten, sagte der Freiburger Erzbischof Zollitsch zum Abschluss eines zweitägigen Gesprächsforums mit rund 300 Hauptberuflichen und Ehrenamtlichen aus den 27 deutschen Bistümern. Dabei geht es um die Frage, ob in zweiter Ehe verheiratete Menschen etwa ein Amt im Pfarrgemeinderat übernehmen können. In der Frage, ob ihnen auch die Eucharistie, das katholische Abendmahl, gereicht werden darf, müssten sich die deutschen Bischöfe jedoch eng mit dem Vatikan beraten.

Die Laienorganisation "Wir sind Kirche" forderte die Bischöfe auf, die "konkreten pastoralen Erfordernisse" im Vatikan zur Sprache zu bringen. Notfalls müssten die deutschen Bischöfe "eigenverantwortlich die Initiative ergreifen".

Die katholische Kirche betrachtet die Ehe als heiliges Sakrament. Sie erkennt daher nur die erste Ehe an und lehnt Scheidungen ab. Vertreter der Basis und katholische Reformgruppen haben immer wieder gefordert, die Situation für wiederverheiratete Geschiedene zu verbessern. Eine Arbeitsgruppe werde in den kommenden Monaten intensiv darüber beraten, kündigte Zollitsch an.

Der Freiburger Erzbischof Zollitsch und der Münchner Kardinal Reinhard Marx zogen ein positives Fazit des Gesprächsforums. Die Bischöfe und die Vertreter der Basis seien sich auf Augenhöhe begegnet und hätten intensiv aufeinander gehört. Marx betonte den gesellschaftspolitischen Auftrag der Kirche: "Der Weg der Kirche hat nur eine Zukunft, wenn sie sich hineinbegibt in die Wunden der Welt." Andernfalls verfehle sie ihren Auftrag. Ein Rückzug auf das "Kerngeschäft", wie er von manchen gefordert werde, sei keine Zukunftsoption, sagte der Kardinal: "Eine Kirche, die sich auf sich selbst zurückzieht, ist wie ein Ofen, der sich selbst wärmen will."

An dem Forum unter dem Titel "Zivilisation der Liebe" nahmen unter anderem Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und der katholischen Verbände teil. Dazu kamen Ordensleute, Mitglieder von geistlichen Gemeinschaften und kirchlichen Bewegungen, Vertreter der Caritas sowie Theologen von Universitäten. Der auf fünf Jahre angelegte Gesprächsprozess war 2010 beschlossen worden, um nach den Enthüllungen des Missbrauchsskandals Vertrauen zurückzugewinnen. Der Auftakt war im vergangenen Jahr in Mannheim.

"Wir sind Kirche" zog ein gemischtes Fazit: Die immer wieder betonte "offene Gesprächsatmosphäre" dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht einmal die Hälfte der deutschen Bischöfe und Weihbischöfe in Hannover anwesend waren.

Zuletzt geändert am 18­.09.2012