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Veröffentlicht am 25­.09.2010

25.9.2010 - Bonner Generalanzeiger

Zollitsch beklagt innerkirchliche Verwerfungen

Bischöfe wollen Dialog über Themen wie Zölibat, Sexualmoral oder Priesterweihe für Frauen

Von unserem Korrespondenten K. Rüdiger Durth

FULDA. „Wir stellen uns den Fragen und Sorgen der Menschen. Wir wollen unsere Mitmenschen hören und wir wollen mit ihnen sprechen," versicherte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch, am Ende der viertägigen Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe gestern in Fulda.

Es war nicht so sehr die dichte Tagesordnung, die den Bischöfen in der nordhessischen Barockstadt zu schaffen machte, sondern das Wissen um die tiefe Krise der katholischen Kirche in Deutschland mit ihren rund 27 Millionen Mitgliedern. „Gewiss erschüttert uns eine Krise" durch den aufgedeckten Missbrauch von Kindern und jugendlichen durch Priester, sagte Zollitsch gestern in seiner Bilanz der Herbstvollversammlung, „aber diese kann auch eine Zeit der Klärung sein."

Zugleich machte der Leiter des deutschen Episkopats deutlich, dass die durch den Missbrauch ausgelöste „Erschütterung" aber auch noch „tiefere Verwerfungen" zutage gefördert hat, die schon längere Zeit bestanden. Es ist die vielfache Diskrepanz zwischen Mitgliedern und Klerus in Fragen der Sexualmoral, des Zölibats, der Priesterweihe für Frauen und die Verweigerung der Sakramente für geschiedene Wiederverheiratete. Man will nun das „Spannungsfeld" zwischen Macht und Bescheidenheit der Kirche sowie zwischen priesterlichem und persönlichem Leben genauer in den Blick nehmen.

Zum Abschlussgottesdienst der Herbstvollversammlung am Donnerstagabend hatte sich am Rande des Domplatzes eine kleine Gruppe von Demonstranten der Initiative „Wir sind Kirche" mit Plakaten und Megaphonen eingefunden. Sie forderten für ihre Anliegen das ein, was am Freitagvormittag Erzbischof Zollitsch bei seiner Forderung nach einem grundlegenden innerkirchlichen Dialogprozess so beschrieb: „Wir wollen bewusster eine dienende Kirche sein." „Nicht irgendwelche Reparaturen" seien gefordert, „sondern Verlebendigung der Kirche".

Auch wandten sich die katholischen Bischöfe einigen aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragen zu. Das Sparpaket der Bundesregierung gehe „in die richtige Richtung" und eine grundsätzliche Ablehnung. der Sparvorschläge sei „völlig unverantwortlich". Kritisch wird jedoch die geplante Streichung der Zuschüsse zur Rentenversicherung von Hartz-IV-Beziehern gewertet, die zur weiteren Altersarmut beitrage. Auch wird die Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Bezieher kritisiert. Alles in allem könne man aber nicht von einem „sozialen Kahlschlag" reden. Befürwortet wird von den Bischöfen eine Heranziehung der höheren Einkommen zur Schuldenbegrenzung. Explizit werden der Spitzensteuersatz, die Erbschaftssteuer und die Streichung von Subventionen genannt.

Im Blick auf das von der Bundesregierung geplante Energiekonzept geben sich die katholischen Bischöfe zurückhaltend. Es sei am Leitbild der Nachhaltigkeit auszurichten und die Klimaschutzziele müssten verbindlich festgelegt werden. Die fossile Energienutzung sei zunehmend zu reduzieren. Zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken heißt es ausweichend: „Ob die Kernenergie dauerhaft für die Energieversorgung verwendet werden kann, ist zu bezweifeln." Auch fordern die Bischöfe eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen, die die größte Last von Bildung und Erziehung zu tragen hätten.

Zuletzt geändert am 25­.09.2010