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Veröffentlicht am 11­.06.2010

11.6.2010 - br-online.de

Missbrauchsskandal Benedikt XVI. bittet Opfer um Vergebung

Es war die bisher deutlichste Aussage von Benedikt XVI. zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Bei der Messe zum Abschluss des Priesterjahres auf dem Petersplatz in Rom hat sich der Papst bei den Opfern entschuldigt: "Wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen."

Von ARD-Korrespondent Stefan Troendle aus Rom

Das war zwar nicht das offizielle "Mea culpa" - dieses Schuldeingeständnis hatten einige Vatikan-Insider erwartet - aber es war doch sehr nahe dran. Der Papst sagte, gerade im Priesterjahr seien Sünden von Priestern bekannt geworden, vor allem der Missbrauch der Kleinen. Damit sei das Priestertum als Auftrag der Sorge Gottes um den Menschen in sein Gegenteil verkehrt worden. In Zukunft, so versprach er, werde die Kirche bei der Zulassung zum priesterlichen Dienst und bei der Formung auf dem Weg dahin alles ihr mögliche tun, um die "Rechtheit der Berufung" zu prüfen. Man werde die Priester intensiver auf ihrem Weg begleiten, damit sie von Bedrängnissen und Gefahren des Lebens geschützt würden, so Benedikt.

Das "Mea Culpa" kam spät, dennoch - so meint Stefan Troendle, fand der Papst klare Worte bei einer Messe vor Tausenden von Priestern. Die Entschuldigung von Benedikt XVI. setze einen glaubwürdigen Schlusspunkt in Sachen Missbrauch.

Reaktion

Die Laienbewegung "Wir sind Kirche" kritisierte die Äußerungen des Papstes als verspätet und unzureichend: "Die Bitte um Vergebung ist überfällig, aber sie reicht bei weitem nicht aus", so Sigrid Grabmeier vom Bundesteam der Kirchenvoksbewegung.


"Stock des Hirten"

Das Oberhaupt der katholischen Kirche brachte in diesem Zusammenhang aber auch Härte ins Gespräch. So erwähnte der Papst das Zitat aus dem Psalm 23 "Dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht" und sagte, auch die Kirche müsse – sinnbildlich - den Stock des Hirten gebrauchen, mit dem sie den Glauben gegen Verfälscher schütze, gegen Führungen, die Verführungen seien. Gerade der Gebrauch des Stockes, so der Papst, könne ein Dienst der Liebe sein. Heute sehe man, dass es keine Liebe sei, wenn ein für das priesterliche Leben unwürdiges Verhalten geduldet werde – eine deutlicher Hinweis des Papstes, der die künftige Linie der Kirche deutlich macht.

An der Messe auf dem Petersplatz haben mehrere Zehntausend Menschen teilgenommen, unter ihnen rund 15.000 Geistliche aus fast 100 Ländern, die zum Abschluss des Priesterjahres nach Rom gekommen sind.
    Aus der Predigt

    "(...) So ist es geschehen, daß gerade in diesem Jahr der Freude über das Sakrament des Priestertums die Sünden von Priestern bekannt wurden - vor allem der Missbrauch der Kleinen, in dem das Priestertum als Auftrag der Sorge Gottes um den Menschen in sein Gegenteil verkehrt wird. Auch wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen; dass wir bei der Zulassung zum priesterlichen Dienst und bei der Formung auf dem Weg dahin alles tun werden, was wir können, um die Rechtheit der Berufung zu prüfen, und dass wir die Priester mehr noch auf ihrem Weg begleiten wollen, damit der Herr sie in Bedrängnissen und Gefahren des Lebens schütze und behüte. Wenn das Priesterjahr eine Rühmung unserer eigenen menschlichen Leistung hätte sein sollen, dann wäre es durch diese Vorgänge zerstört worden. Aber es ging uns gerade um das Gegenteil: Das Dankbar-Werden für die Gabe Gottes, die sich 'in irdenen Gefäßen' birgt und die immer wieder durch alle menschliche Schwachheit hindurch seine Liebe in dieser Welt praktisch werden lässt. So sehen wir das Geschehene als Auftrag zur Reinigung an, der uns in die Zukunft begleitet und der uns erst recht die große Gabe Gottes erkennen und lieben lässt. So wird sie zum Auftrag, dem Mut und der Demut Gottes mit unserem Mut und unserer Demut zu antworten. (...)"

Papst verteidigt Zölibat

Bei einer Gebetswache am Vorabend hatte der Papst das umstrittene Eheverbot für katholische Priester verteidigt. Die heutige Gesellschaft empfinde den Zölibat als "großen Skandal", dabei sei dieser das "beste Gegenmittel gegen andere Skandale, die durch unsere menschlichen Unzulänglichkeiten verursacht werden", so Benedikt. Angesichts der schweren Missbrauchsskandale in kirchlichen Einrichtungen war der Zölibat in den vergangenen Monaten auch in Deutschland immer wieder heftig diskutiert worden. Selbst der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hatte sich jüngst für eine Lockerung des Zölibats ausgesprochen.

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Zuletzt geändert am 11­.06.2010