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Veröffentlicht am 07­.05.2010

7.5.2010 - Mainpost

München vor einem Fest der Gläubigen

Der Ökumenische Kirchentag will Christen zusammenführen, doch der Streit um das Abendmahl schwelt weiter

Es soll ein Fest des christlichen Glaubens werden. Doch Kirchenkritiker sehen auch viele „dunkle Wolken“ über dem zweiten Ökumenischen Kirchentag (ÖKT), der am kommenden Mittwoch mit einem Großgottesdienst unter freiem Himmel auf der Münchner Theresienwiese eröffnet wird.

Ein Großereignis wird die Veranstaltung, die bis zum 16. Mai dauert, in jedem Fall: Mehr als 110 000 Teilnehmer haben sich angemeldet. Bei einem „Abend der Begegnung“ am Mittwoch auf dem Münchner Altstadtring werden bis zu 400 000 Besucher erwartet. Und weil sich die rund 3000 Veranstaltungen vom Messegelände im Osten der Stadt über Odeonsplatz und Marienplatz im Zentrum bis zu Olympiapark und Theresienwiese erstrecken, ist das Treffen auch für die Münchner Verkehrsbetriebe eine Herausforderung: 450 S-Bahnen sind zusätzlich im Einsatz. Und die U-Bahnen fahren bei Bedarf im „Oktoberfest-Takt“ alle zweieinhalb Minuten.

Schon die Vorbereitung des Kirchentages könne man deshalb „mit Fug und Recht als eine der weltweit größten ökumenischen Bewegungen bezeichnen“, findet der katholische ÖKT-Präsident Alois Glück. Er könne feststellen, dass man auf der „Baustelle der Ökumene“ ein ganzes Stück vorangekommen sei, so Glück.

Auch sein evangelischer Präsidentenkollege Eckhard Nagel unterstrich das Verbindende zwischen den beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland: „Das gemeinsame Gebet und die gemeinsam gefeierten Gottesdienste werden es uns in unseren Kirchen leichter machen, aufeinander zuzugehen“, so Nagel.

Dem Wunsch vieler Christen nach einer gemeinsamen Abendmahlsfeier erteilte das Kirchentagspräsidium allerdings eine klare Absage: Im Programmheft appellieren Glück und Nagel an die Teilnehmer, „die in den Kirchen gültigen Regeln zu achten und in Bezug auf Eucharistiefeier und Abendmahl in ökumenischer Sensibilität miteinander umzugehen“.

Beim ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin war ein Priester vom heutigen Münchner Erzbischof Reinhard Marx suspendiert worden, weil er auch evangelische Christen zur Eucharistiefeier eingeladen hatte. Ein weiterer Priester bekam mit dem damaligen Eichstätter Bischof Walter Mixa Ärger, weil er an einem evangelischen Abendmahl teilgenommen hatte.

Im offiziellen Programm ist diesmal im Anschluss an eine orthodoxe Vesper eine tausendfache „Tischgemeinschaft“ auf dem Odeonsplatz geplant. Viel zu wenig, findet man bei der innerkirchlichen Reformbewegung „Wir sind Kirche“: „Das Kirchenvolk erwartet, dass gehandelt wird und nicht nur geredet“, glaubt Magnus Lux, der dort das Bistum Würzburg vertritt. „Profilierung durch Abgrenzung“ wirft Lux vor allem katholischen Amtsträgern vor. Eucharistie und Abendmahl dienten dabei als „Kristallisationspunkt“.

Auf ein gemeinsames Abendmahl am Rande des Kirchenfestes wollen die Kirchenkritiker dennoch verzichten: Ein von Laien geleitetes „Gedächtnismahl“ in der Kirche St. Maximilian soll es aber geben. Und eine Menschenkette zwischen der evangelischen Matthäus-Kirche und dem katholischen Liebfrauendom.

Im offiziellen Programm gibt es neben Bibelarbeit auch zahlreiche Podiumsdiskussionen – unter anderem zur Verantwortung der Wirtschaft, zu ethischen Grenzen der Wissenschaft oder zu sozialen Fragen. Kurzfristig wurden zudem noch zwei Veranstaltungen zum Thema „sexueller Missbrauch“ ins Programm genommen. Auch die Liste prominenter Gäste ist lang: Sie reicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel oder dem Kirchenkritiker Hans Küng bis zu Nina Hagen oder Ex-Rolling-Stones-Ehefrau Bianca Jagger.

Zuletzt geändert am 07­.05.2010