| |
Veröffentlicht am 07­.05.2010

7.5.2010 - Publik-Forum

Kirchentag auf Abwegen?

Ökumene lebt von unten. Oben wird sie verhindert. Deshalb wird die Zeitansage des Ökumenischen Kirchentags in München von der Basis kommen.

Von Britta Baas

Bevor ein Kirchentag beginnt, kann niemand genau sagen, wie seine Botschaft am Ende lauten wird. Natürlich kann man das Programm studieren. Natürlich kann man den Worten von Kirchentagspräsidenten lauschen. Natürlich kann man Konflikte voraussehen. Aber wirklich wissen, was kommt? Unmöglich. Gott sei Dank.

Diesen 2. Ökumenische Kirchentag haben viele herbeigesehnt. Nach Berlin 2003 sollte die Hoffnung nicht sterben. Es war eine Hoffnung auf mehr Miteinander der Konfessionen, auf Frieden in der Welt und vor der Haustür, auf Gerechtigkeit innerhalb und außerhalb der Kirchen. Was wird in München Wirklichkeit werden?

Große Themen, klaffende Wunden

Die großen Themen des Kirchentags sind zugleich die klaffenden Wunden des deutschen Alltags. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat Tausende arbeits- und hoffnungslos gemacht. Wer kann dem verirrten Kapitalismus Grenzen setzen? Der Krieg in Afghanistan spaltet die Menschen: Sollen deutsche Soldaten dort weiter kämpfen – oder ein Land verlassen, das sich selbst finden muss? Soll ein Ökumenischer Kirchentag weiterhin vor allem die Christen versammeln – oder in einem multireligiösen Land damit beginnen, die Ökumene als Ökumene der Religionen zu feiern? Welche Zeitansage können Kirchen machen, die in ihren eigenen Institutionen die Augen vor der Zeitansage verschließen? Die Glaubwürdigkeits- und Gewaltskandale sammeln wie Touristen Souvenirs? Und wie viel Ökumene ist wirklich drin in diesem 2. Ökumenischen Kirchentag, der viel mehr als sein Vorgänger in Berlin festzuzurren scheint, was die Amtskirchen in ihrem Profilierungswahn (verhindern) wollen?

Auf den ersten Blick nimmt das Programm des Kirchentages alle erdenklichen Themen auf. Doch auf den zweiten hat die Offenheit Grenzen: Der Promi-Faktor rangiert vor dem Diskurs; die Amtskirche unterhält sich ungern mit der Basis; es wird harmonisiert, wo kritisiert werden müsste. Allen wohl und niemand wehe? Die Kirchentagsbewegung – einst eine ethische Kraft in der Gesellschaft – droht, sich selbst zur Plattform eines Erholungswochenendes für gestresste Banker zu degradieren.

Verhindern kann das nur die Basis. Viel gerühmt, viel geschmäht, viel zitiert. Doch es hilft alles nichts: Die Zeitansage von München kann nur »von unten« kommen, weil sich »oben« nichts mehr bewegt. So wie viele Menschen die ökumenische Gemeinschaft einfach selbst herbeiführen und nicht mehr auf die Amtsträger warten, so müssen auch in München die vielen Menschen die Botschaft des Kirchentags einfach selbst formulieren. Anders gesagt: Was die Podien nicht hergeben, muss auf der Straße und »am Rande« passieren.

Publik-Forum und seine Podien

Publik-Forum will seinen Beitrag dazu leisten. Unsere Veranstaltungstipps auf den Seiten X bis XV (www.publik-forum.de/pdf/fahrplan-oekt-2010.pdf) nennen deshalb nicht nur Podien des offiziellen Programms: Nein, der ÖKT findet auch dort statt, wo wir Ihnen ein zusätzliches Angebot machen.

Der Geist dieses 2. Ökumenischen Kirchentages in Deutschland wird in den Straßen und Häusern der Stadt zu spüren sein. Dieser Kirchentag kann etwas verändern. Hoffentlich wird er es.

Zuletzt geändert am 06­.05.2010