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Veröffentlicht am 25­.10.2009

25.10.2009 - Main-Post

Katholische Kirche erneut in der Kritik

Nach Fall Sell geht es jetzt um die Ökumene

Die Aufregung um den suspendierten Pfarrer Michael Sell (Hammelburg) hat sich noch nicht gelegt, da gibt es erneut Kritik an der katholischen Kirche. Diesmal geht es um die Ökumene in Deutschland.

Der Tübinger Theologe Urs Baumann hat der katholischen Kirche eine anhaltende Unbeweglichkeit vorgeworfen und sie zu einer stärkeren ökumenischen Öffnung gegenüber den evangelischen Glaubensbrüdern aufgerufen. „Nur gemeinsam hat das Christentum in dieser Gesellschaft noch eine Chance“, sagte der katholische Theologe am Samstag in München bei der Bundesversammlung der Reformbewegung „Wir sind Kirche“.

Mit Blick auf den 2. Ökumenischen Kirchentag vom 12. bis 16. Mai 2010 in München kritisierte Baumann, dass die katholische Kirche weiterhin eine gemeinsame Abendmahlsfeier mit evangelischen Christen ablehne. Er warf Papst Benedikt XVI. einen „restaurativen und reformfeindlichen Kurs“ und den deutschen Bischöfen „brüderliche Feigheit“ gegenüber dem Kirchenoberhaupt vor.

Tatsache sei, „dass die zwischenkirchliche Ökumene stagniert und dass die Ökumene-Unwilligkeit vor allem der Kirchenleitungen - besonders natürlich der katholischen - nicht zu übersehen ist“. Deshalb stelle sich vor dem 2. Ökumenischen Kirchentag „die bedrückende Frage“, ob ein solches Ereignis überhaupt Sinn mache - gerade angesichts der umstrittenen Vorgänge beim 1. Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin.

Damals hatte es großen Wirbel um den katholischen Priester Gotthold Hasenhüttl gegeben, weil dieser dort auch nicht-katholische Christen zur Teilnahme an der Eucharistiefeier eingeladen hatte. Reinhard Marx - damals noch Oberhirte in Trier, heute Erzbischof in München - suspendierte Hasenhüttl deswegen und entzog ihm später auch noch die kirchliche Lehrerlaubnis.

Die kirchenkritische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ hatte vor kurzem gemeinsame Abendmahlsfeiern beim Münchner Kirchentag angemahnt. Diese seien ein überfälliges Zeichen der Ökumene, das vor allem von konfessionsverschiedenen Ehepaaren erwartet werde, hatte die katholische Kirchenvolksbewegung argumentiert.

Ihre Forderung bringt die katholische Kirche innerhalb kurzer Zeit zum zweiten Mal in die Schlagzeilen. Vor wenigen Tagen hatte es Aufregung um den suspendierten Pfarrer Michael Sell in Hammelburg gegeben, der Vater geworden war und sich zu Frau und Kind bekannte. Obwohl es hierbei nicht um die Ökumene ging, rüttelten die zum Teil heftig geführten Debatten an der Basis an einem Grundpfeiler der katholischen Kirche - dem Zölibat.

Das Erzbischöfliche Ordinariat in München und Bayerns evangelischer Landesbischof Johannes Friedrich wiesen indes die Forderung nach einem gemeinsamen Abendmahl beim Kirchentag aber umgehend zurück. Die evangelische Theologin Johanna Haberer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg stimmte Baumanns pessimistischer Ökumene-Diagnose weitgehend zu.

Noch Ende des vergangenen Jahrtausends habe es begründete Hoffnung gegeben, dass sich die „Erdplatten“ der katholischen und der evangelischen Kirche übereinanderschieben könnten und ein gemeinsames fruchtbares Land für beide Konfessionen entstehe. Inzwischen habe es aber „kräftige Schübe von beiden Seiten“ gegeben, die beide „Erdplatten“ wieder massiv auseinanderdriften ließen. Die Trennung zwischen beiden Kirchen sei erneut verkrustet.

URL: http://www.mainpost.de/lokales/bayern/Katholische-Kirche-erneut-in-der-Kritik;art16683,5339771

Zuletzt geändert am 25­.10.2009