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Veröffentlicht am 25­.05.2008

25.5.2008 - Kölner Stadt-Anzeiger

Bischof Zollitsch wirbt für Engagement

Osnabrück - Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hat zum Abschluss des Katholikentags überzogene Ansprüche an Staat und Kirche kritisiert. "Wir sind in unserem Land in Gefahr, eine Anspruchsgesellschaft zu werden, in der sich mehr und mehr eine Versorgungsmentalität breitmacht", sagte Zollitsch am Sonntag beim Gottesdienst mit 25.000 Christen unter freiem Himmel in Osnabrück. Die erste Frage dürfe nicht sein: "Was erwarte ich von der Gesellschaft? Was soll der andere für mich tun? Die erste Frage ist: Was kann ich für den anderen, für die Gesellschaft, für die Kirche tun?"

Am 97. Deutschen Katholikentag nahmen seit Mittwoch 60.000 Menschen teil. Der Veranstalter, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), lud zum Abschluss zum zweiten Ökumenischen Kirchentag 2010 in München ein, der gemeinsam mit der evangelischen Kirche organisiert wird. An der Messe, die ein evangelisches Bläserensemble musikalisch gestaltete, nahmen auch der gastgebende Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sowie der Präsident des Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, teil. Zum Abschluss wollten Vertreter der evangelischen Kirche zum protestantischen Kirchentag im nächsten Jahr in Bremen einladen.

Lob für Ehrenamtler

Zollitsch ging in seiner Predigt auf das Leitwort des Treffens "Du führst uns hinaus ins Weite" ein: ""Gott führt mich ins Weite" heißt auch: Er befreit mich vom egozentrischen Blick auf mich." Viele Christen engagierten sich täglich in Kirche und Gesellschaft, ohne dabei im Licht der Öffentlichkeit zu stehen. "Wie viel Solidarität und soziales Engagement setzt der Glaube frei, ohne die keine Gesellschaft leben, ja überleben kann!", sagte der Freiburger Erzbischof.

Er kritisierte zugleich eine ungerechte Verteilung des Wohlstands in der Welt: "Darum können und dürfen wir uns nicht damit abfinden, dass die Güter der Erde den einen vorenthalten werden und anderen zur Mehrung von Reichtum und Einfluss dienen." Er appellierte für mehr Gerechtigkeit und zur Solidarität mit den Schwachen. Vor Gott könne ein Leben auf Kosten anderer nicht bestehen, sagte Zollitsch.

Die reformkatholische Bewegung "Wir sind Kirche" lobte den Katholikentag als "erfrischend und jugendlich in einem zukunftsorientierten Bistum". Dies könne aber nicht über den Reformbedarf in der katholischen Kirche hinwegtäuschen. Die verpflichtende Ehelosigkeit von Priestern und der Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von der Eucharistie seien nicht länger hinnehmbar.

Der nächste Katholikentag findet 2012 in Mannheim statt.

(KNA/dpa)

Zuletzt geändert am 25­.05.2008