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Veröffentlicht am 14­.02.2008

14.2.2008 - Rheinischer Merkur

Glatter Übergang

Robert Zollitsch hat gute Erfahrungen mit der Ökumene. Im Bischofsgremium wird er einen Schwerpunkt auf die Sacharbeit legen.

VON RUDOLF ZEWELL

Kann man Kontinuität besser formulieren? „Wir sind uns theologisch und menschlich so nah, dass es schwer sein wird, Unterschiede zu erkennen“, sagte Erzbischof Robert Zollitsch nach der Wahl zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz über das Verhältnis zu seinem Vorgänger Karl Kardinal Lehmann. Ein glatter Übergang also an der Spitze, doch keine „Übergangslösung“, wie im Vorfeld mit Blick auf den Kandidaten gestreut wurde.

Aber auch kein Generationswechsel, von dem Lehmann bei der Ankündigung seines Amtsverzichts gesprochen hatte. Der Mainzer Bischof stand 21 Jahre lang an der Spitze der Bischofskonferenz. Eine solche Zeitspanne ist bei Zollitsch schon aus Altersgründen nicht möglich. Der für sechs Jahre – die Dauer einer Amtsperiode – gewählte 69-Jährige wäre schon bei der turnusmäßigen Wiederwahl 75 Jahre alt. In diesem Alter bieten Bischöfe nach den Bestimmungen des Kirchenrechts dem Papst ihren Rücktritt an.

Für einen Generationswechsel hätte der 54-jährige Münchner Erzbischof Reinhard Marx gestanden, der neben Zollitsch als Favorit gegolten hatte. Der Münchner Weihbischof Engelbert Siebler zeigte sich zwar enttäuscht, dass München schon wieder übergangen wurde, wie einst bei Kardinal Wetters Kandidatur. Doch Marx hat auch so gewiss genug zu tun in seinem neuen Bistum und mit der Leitung der Freisinger Bischofskonferenz, wie Lehmann nach der Wahl befand. Nicht Übergangslösung, nicht Generationswechsel. Was ist die Wahl von Zollitsch im Exerzitienhaus Himmelspforten? Sie ist gute Entscheidung. So lässt es sich aus den meisten Äußerungen derer ablesen, die sich gleich nach der Wahl zu Wort meldeten.

Umsichtig und integrativ

Für den Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode kommt mit dem Freiburger Erzbischof ein neuer Stil in das Leitungsamt. Zollitsch genieße das Vertrauen auch vieler jüngerer Bischöfe und Weihbischöfe. Diesen Ruf habe er sich nicht zuletzt in seiner wichtigen Rolle im Verband der Diözesen Deutschlands erworben. „Wer so etwas gut macht, der beweist Umsicht, Gelassenheit und Integrationskraft.“ Auch der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann wandte sich gegen die Rede von der „Übergangslösung“. Zollitsch selbst zeigte sich nach seiner Wahl (sie zeichnete sich schon im zweiten Wahlgang ab) in gewohnter Weise bescheiden. Er dankte seinen Wählern, den Amtsbrüdern, für ihr Vertrauen und nannte es eine Ehre und Auszeichnung, Nachfolger von Lehmann zu sein.

Mit programmatischen Äußerungen hielt er sich zurück, aber eines stellte er sofort klar: Schwerpunkt werde für ihn die Ökumene sein. Dass die christlichen Kirchen gemeinsam Zeugnis geben, hält er für extrem wichtig. Er kann dabei auf gute Vorarbeit in seinem eigenen Bistum verweisen. Das Grußtelegramm des badischen Landesbischofs Ulrich Fischer wirkte denn auch wie die Bestätigung: „Wir arbeiten in Baden stets vertrauensvoll und in herzlicher Verbundenheit zusammen“, heißt es in dem Schreiben.

Zu den ökumenischen Akzenten, die Zollitsch mit der badischen Landeskirche gesetzt hat, gehören regelmäßige ökumenische Gottesdienste, Gemeindepartnerschaften und konfessionell kooperativer Religionsunterricht. Fischer ist überzeugt: „Erzbischof Zollitsch wird von diesen erprobten ökumenischen Erfahrungen auch auf Bundesebene vieles einbringen.“ Verständlich, dass sich die Menschen im Erzbistum Freiburg, vom Bodensee bis ins badische Frankenland, über die Wahl des Oberhirten an die Spitze der Bischofskonferenz freuten. Generalvikar Fridolin Keck reichte gleich das Programm des Erzbischofs nach, das er auf die kurze Formel brachte: „Den Aufbruch gestalten in der Gemeinschaft des Glaubens“ – ganz gemäß dem Wahlspruch von Zollitsch.

Am Tag seiner Ernennung zum Erzbischof hat Zollitsch ein chinesisches Sprichwort zitiert, das viel über seine Sicht der Dinge in der Kirche und die Aufgaben, die vor ihr liegen, verrät. Er sagte damals: „Wo der Wind weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ Wofür er sich als Bischof entschieden hat, ist klar.

Den Kurs fortsetzen

Die katholische Laienbewegung „Wir sind Kirche“, die sonst durchaus kritisch mit dem deutschen Episkopat umgeht, hat die Wahl Zollitschs begrüßt. Zwar sei damit kein Generationswechsel vollzogen worden, doch der Kurs von Kardinal Lehmann werde fortgesetzt. „Und das war ein guter Kurs“, sagt Christian Weisner, der Sprecher der Bewegung.

Wie Lehmann gilt Zollitsch kirchenpolitisch als Mann der Mitte. In Freiburg war er als Personalchef der Erzdiözese mit Finanz-, Personal- und Organisationsfragen vertraut. Als Erzbischof hat er zielstrebig das Metropolitanbistum pastoral erneuert und finanziell saniert. Verbindlich, aufmerksam, fair und entschlussfreudig – auch wenn es um unpopuläre Entscheidungen geht. So erleben Mitarbeiter ihn.

Es ist davon auszugehen, dass Zollitsch seinen nüchternen, sachlichen Arbeitsstil, der aber immer inneres Feuer für die Sache erkennen lässt, auch in der Leitung der Bischofskonferenz pflegen wird. Die Sacharbeit wird zweifellos gestärkt werden, die Medienpräsenz des neuen Vorsitzenden aber dürfte erst einmal zurücktreten.

Auch sonst ist Kontinuität angesagt in der Bischofskonferenz: Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff bleibt stellvertretender Vorsitzender, und Hans Langendörfer ist als Sekretär der Bischofskonferenz bestätigt worden. Kardinal Lehmann aber erhält ein neues Arbeitsfeld: Er übernimmt den Vorsitz der Glaubenskommission von Kardinal Wetter, der am kommenden Montag in München seinen 80.Geburtstag feiert und als Erzbischof von München und Freising verabschiedet wird. Auch Lehmann nimmt daran teil. Es ist sein letzter Auftritt als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.

Zuletzt geändert am 14­.02.2008