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Veröffentlicht am 14­.01.2008

14.1.2008 - Süddeutsche Zeitung

„Papst fördert Opus Dei”

Publizist Hertel greift in München die Kirchenführung an

Papst Benedikt XVI. ist nach Ansicht des Experten Peter Hertel ein großer Förderer der streng konservativen katholischen Organisation Opus Dei. „Der Aufstieg des Opus Dei tritt markant vor Augen”, warnt er. Viele kirchliche Schaltstellen seien mittlerweile mit Opus-Dei-Vertretern oder zumindest mit Sympathisanten der Organisation besetzt, sagte der renommierte Publizist und Theologe bei einer Veranstaltung der Reformbewegung „Wir sind Kirche” am Freitagabend in München. „Opus Dei ist die wichtigste Macht hinter dem Papst geworden”, behauptete Hertel, der sich seit mehr als 25 Jahren mit der Organisation beschäftigt und mehrere Bücher dazu veröffentlicht hat.

Vor 20 bis 30 Jahren hätten nur vier Bischöfe dem Opus Dei (Werk Gottes) angehört, heute stelle die Organisation bereits 22 Erzbischöfe, Bischöfe und Weihbischöfe. Außerdem diagnostizierte Hertel einen „unverhältnismäßig hohen Anteil” von Opus-Dei-Leuten in Gremien des Vatikans. Dadurch habe die Priester- und Laienorganisation enormen Einfluss gewonnen. Im Vergleich zu weltweit etwa einer Milliarde Katholiken nähme sich die Opus-Dei-Mitgliederzahl von rund 90 000 zwar gering aus, „aber viele davon sitzen an entscheidenden Stellen”.

Als Präfekt der Glaubenskongregation habe sich Joseph Ratzinger, der heutige Papst Benedikt, zunächst skeptisch gegenüber dem Opus Dei gezeigt, in den 90er Jahren jedoch sei er zum Sympathisanten geworden. Hertel vermutet, Ratzinger habe Gefallen an der Ansicht des 1975 verstorbenen Opus-Dei-Gründers Josemaria Escrivá gefunden, der absoluten Gehorsam gegenüber der hierarchisch strukturierten Kirche eingefordert habe. Dieses hierarchische Kirchenbild vertrete auch Ratzinger, so Hertel. Nach seiner Wahl zum Papst habe Ratzinger seine „pro-Opus-Dei-Linie” fortgesetzt.

Hertel stützt seine Kritik auf Befragungen ehemaliger Mitglieder, auf interne Unterlagen der Organisation, die ihm vorliegen, und auf Informationen, die er aus aller Welt zusammentragen hat. Opus Dei sei die umstrittenste Organisation innerhalb der katholischen Kirche, sagte Hertel. Dem 1928 in Spanien gegründeten Opus Dei werden immer wieder angeblich sektenähnliche Strukturen, harte Bußpraktiken, eine extrem konservative Gesinnung und Geheimniskrämerei vorgeworfen. dpa

Zuletzt geändert am 14­.01.2008