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Veröffentlicht am 24­.09.2007

24.9.2007 - zdf.de

Bischofskonferenz: Missbrauch nun

Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

Erst wollten sie nicht darüber reden, jetzt nun doch: Der Missbrauchsfall im Bistum Regensburg ist Thema bei der Herbsttagung der Deutschen Bischofskonferenz. Sie wollen eine Stellungnahme vorlegen, kündigte der Vorsitzende, Kardinal Lehmann, an.

Er wolle die Meinung der Bischofskonferenz erfragen und am Freitag eine Stellungnahme der Geistlichen vorlegen, sagte Lehmann. "Auf meine persönliche Stellungnahme kommt es nicht so an, mich interessiert, wie alle anderen das sehen", sagte er zum Auftakt der Herbst-Vollversammlung der deutschen Bischofskonferenz in Fulda.

Die Bischofskonferenz könne allerdings nur empfehlen und nicht eingreifen. Jedes Bistum sei für den Umgang mit Missbrauchsfällen oder Sanktionen allein verantwortlich, erklärte Lehmann. Der Kardinal wies zudem darauf hin, dass die Vorgänge vor der Zeit des unter Druck geratenen Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller lägen und mahnte einen vorsichtigen Umgang mit dem Thema an.

Müller: Tragisch, aber kein Rücktritt

Mit einer Mahnwache auf den Treppen des Domplatzes protestierten Mitglieder der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" gegen einen vertuschenden Umgang mit sexuellem Missbrauch sowie gegen die Genehmigung lateinischer Messen.

Bischof Müller sagte am Rande der Tagung von 71 deutschen Bischöfen und Weihbischöfen, von einem Wiederholungsfall habe nach dem Gutachten, das den verdächtigen Geistlichen als "geheilt" eingestuft hatte, niemand ausgehen können. Er sprach von tragischen Ereignissen und lehnte eigene personelle Konsequenzen ab. Er habe immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.

"Gibt keine kinderfreien Räume"

Auch den Vorhalt des Fuldaer Bischofs Heinz Josef Algermissen, dass man nach einer früheren einschlägigen Verurteilung einen solchen Priester nicht wieder mit Kindern arbeiten lassen dürfe, wies Bischof Müller zurück: "Es gibt keine kinder- und jugendfreien Räume. Auch im Altersheim besuchen die Enkel ihre Oma und im Gefängnis kann man den Kindern der Angestellten begegnen."

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen 39-jährigen Priester des Bistums Regensburg. Ihm wird vorgeworfen, mehrere Jungen sexuell missbraucht zu haben. Wegen einer solchen Straftat war der Geistliche bereits im Jahr 2000 rechtskräftig verurteilt worden. Trotzdem wurde der Mann vom Bistum Regensburg 2004 erneut in der Pfarrseelsorge eingesetzt, im Widerspruch zu den Leitlinien der Bischofskonferenz.

Zwar äußert sich der Vatikan nicht offiziell zu dem neuen Fall, doch intern schüttelt mancher Theologe in Rom nur mit dem Kopf. "Das ist eine deutsche Angelegenheit", sagt ein Insider von Radio Vatikan. Schließlich hätten sich die Deutschen vor einigen Jahren selbst strenge Richtlinien gegen die Übergriffe von pädophilen Priestern gegeben. Nun müsse man sich fragen, warum diese nicht immer greifen. "Manche sind wohl auch überfordert."

Lateinische Messe ab Oktober

Bei der Abhaltung von lateinischen Messen wird es für die 27 Bistümer keine einheitliche Regelung geben, wie Lehmann sagte. Die Bischofskonferenz werde zwar über einen zweiseitigen Text zu den Messen im tridentinischen Ritus diskutieren. Bei einer Verabschiedung sei die Neuregelung ab Oktober gültig.

Da die Lage in den Diözesen sehr unterschiedlich sei, könne man ein solches Bischofspapier nur als Leitplanken zur Abgrenzung verstehen, "mit einer großen Straße für die diözesane Vorgehensweise in der Mitte". Der Kardinal erklärte, man wolle das Angebot des Papstes an die Menschen nicht unterlaufen, aber die Nachfrage sei geringer als gedacht.

Zuletzt geändert am 25­.09.2007