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Veröffentlicht am 17­.01.2019

Februar 2019 – „Kirche In“ (Kolumne „Unzensiert“)

Die Verantwortung der Bischöfe

Im sechsten Jahr der Amtszeit von Papst Franziskus befürchten manche schon das Scheitern dieses Pontifikats, andere erhoffen es sogar. Die einen sind enttäuscht, weil die notwendigen Reformen nicht schnell genug „von oben herab“ durchgesetzt werden. Die anderen, weil Franziskus das mit dem Ersten Vatikanischen Konzil geschaffene absolutistische Kirchenbild zum Einsturz gebracht hat und ungerechtfertigte Privilegien in Frage stellt.

Nach den beiden autoritären Vorgängerpäpsten ist der synodale Leitungsstil von Papst Franziskus für viele Amtsträger im Vatikan wie auch in der Weltkirche noch immer sehr gewöhnungsbedürftig. Sie wissen nicht, wie mit der wiedererlangten Freiheit des Glaubens und Denkens umzugehen ist; manche können es nicht, manche wollen es nicht. Viel einfacher war es doch, immer nach oben zu schauen und nur auf Anweisung zu handeln, anstatt selber Verantwortung zu übernehmen.

Der neue Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer, bis vor kurzem noch Generaloberer der weltweiten Herz-Jesu-Priester, hat Verantwortung übernommen und sich zu Wort gemeldet. Er fordert ein radikales Umdenken und eine Gewaltenteilung in der Kirche, denn der Missbrauch von Macht stecke „in der DNA der Kirche“. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck fordert eine Debatte zu Grundsatzfragen der Kirche. Themen wie Priesterbild und Weiheamt, Hierarchie, Zölibat, Frauenamt und Sexualmoral dürften nicht länger tabuisiert werden. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, wird damit zitiert, dass es nicht nur einen Struktur-, sondern um einen Systemwechsel geben müsse.

Doch es sind noch viel zu wenige Bischöfe in Deutschland und noch weniger in der Weltkirche, die angesichts der gegenwärtigen Kirchenkrise zu grundlegenden Reformen bereit sind oder sich auch nur zur eigenen Verantwortung im Umgang mit Missbrauchstätern bekennen. Auch Franziskus hat in diesem Bereich Fehler gemacht. Aber er hat den Mut gehabt, sich zu korrigieren und um Entschuldigung zu bitten. Dies müssen sehr viele Bischöfe erst noch lernen.

Ob der für Ende Februar in Rom stattfindende Krisengipfel endlich die dringend notwendige Zeitenwende bringt, hängt also nicht nur von Papst Franziskus und den vatikanischen Stellen, sondern vor allem vom Handeln jedes einzelnen Bischofs ab. Haben sie die „Zeichen der Zeit“ erkannt? Sind sie zu einem Neuanfang bereit? Die Zukunft der Kirche liegt wesentlich in ihrer Hand. Das Pontifikat von Franziskus darf nicht scheitern!

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 24­.02.2019