15.12.2015 - glaubeaktuell.net
"Die Gemeinden müssen wieder Hoffnungsträger einer konzilsgemäßen Kirche werden!" - Bilanz und Ausblick zur Jahreswende 2015/2016 – 20 Jahre Wir sind Kirche
(München/wsk) - Wir sind Kirche ruft die Kirchengemeinden dazu auf und ermutigt sie, sich ihrer Verantwortung als christliche Zentren in der Gesellschaft wieder neu bewusst zu werden – so wie dies viele Gemeinden derzeit beispielsweise ganz konkret für Flüchtlinge tun.
Die Gemeinden sollten viel selbstbewusster und mehr als bisher an den Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils orientiert auf einen neuen Gemeindetyp hinarbeiten, der in christlicher Identität diese Verantwortung wahrnimmt.
Das Konzilsdokument „Gaudium et Spes“ hat der Kirche und den Gemeinden den Weg gewiesen, wie dieses „Kirchesein“ in der Welt aussehen kann. Dazu notwendig sind eine Neuorientierung auf gemeindliche Stärken und Aufgaben, die Einbindung der „Laien“ in die Gemeindeleitung, verstärkte ökumenische Zusammenarbeit sowie auch neue Zugangswege zum priesterlichen Dienst.
Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche stellt erfreut fest, dass die zahlreichen Veranstaltungen und Feiern zum 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Vatikanischen Konzils ein neues „aggiornamento“ eingeleitet haben. Jetzt geht es darum, zusammen mit Papst Franziskus endlich die konkreten Visionen dieses Reformkonzils in die heutige Zeit umzusetzen. Die Deutungshoheit über den Weg der Kirche darf nicht den von Angst und Mutlosigkeit besetzten Gegnern jeder Reform überlassen werden!
Das Konzil hat den Weg gewiesen für eine erneuerte Kirche mitten in der Welt. Doch dieser Weg war während der letzten beiden Pontifikate massiv blockiert worden. Dass trotzdem die Saat des Konzils aufgegangen ist, haben eindrücklich die beiden Tagungen der weltweiten Reformgruppen in Rom zum 50. Jahrestag des Konzilsendes und des Katakomben-Paktes gezeigt, die die deutsche KirchenVolksBewegung mitveranstaltet hat.
Die beiden Bischofssynoden 2014 und 2015 in Rom haben ein neues Kapitel der Kirchengeschichte eingeläutet – trotz aller Enttäuschung über noch fehlende konkrete Ergebnisse. Diese Synoden haben gezeigt, wie die synodale und partizipative Tradition endlich auch wieder innerhalb der römischen-katholischen Kirche zur Geltung kommen kann.
- Jetzt endlich das Konzil auf allen Ebenen umsetzen!
Nach Ansicht der katholischen Reformbewegung kommt es jetzt darauf an, das synodale Miteinander, so wie Papst Franziskus es angekündigt hat, auf allen kirchlichen Ebenen zu praktizieren, neue pastorale Wege zu gehen und theologische Entwicklungen zu ermöglichen. Dies muss innerhalb der römischen Kurie und des weltweiten Episkopats genauso geschehen wie in lebendigen christlichen Gemeinden, damit Kirche mitten im Leben der Menschen erfahrbar werden kann.
Um die Verantwortung der Gemeinden in der Kirche zu stärken, müssen die Bischöfe endlich bereit sein, die bisherigen unsäglichen Auflösungen oder Zusammenlegungen von Pfarreien zu beenden. Diese rein administrativen Maßnahmen haben wesentlich zum beschleunigt fortschreitenden Verlust der Kirchenbindung beigetragen. Pastorale Strukturen, die nur an der immer kleiner werdenden Zahl von Priestern orientiert sind, offenbaren ein kleruszentriertes Kirchenbild. Bereits das Zweite Vatikanische Konzil hatte erklärt, dass Zölibat und priesterlicher Dienst nicht notwendigerweise zusammengehören (Dekret über Dienst und Leben der Priester, Art. 16). Hier sind neue Initiativen der Bischöfe gefragt, selbst wenn Franziskus derzeit noch keine gesamtkirchlichen Änderungen vornehmen will.
Das Handeln der Kirchenleitung wird jetzt daran zu messen sein, wie sehr alle Bischöfe, auch die weniger reformbereiten, diese synodalen Prozesse endlich in Deutschland auf allen kirchlichen Ebenen praktizieren, so wie es z.B. auf der „Würzburger Synode“ vor 40 Jahren (deren Ergebnisse Rom damals allerdings ignorierte) oder der jüngsten Synode im Bistum Trier gelungen ist.
Eine besondere Herausforderung für uns alle stellt das vom Papst ausgerufene „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“ dar. Es verkündet ein Gottesbild, das in der viel zu sehr verrechtlichten Kirche schmerzlich vermisst wird. Diese Barmherzigkeit muss sich aber auch ganz konkret zeigen. Es ist ein Skandal, wenn in diesem Heiligen Jahr in Deutschland noch immer in der kirchlichen Verkündigung Beschäftigte ihre Anstellung verlieren, wenn sie beabsichtigen, eine(n) Geschiedene(n) zu heiraten. Angesichts der Weltlage ist es dringend erforderlich, dass die finanziell verhältnismäßig reiche deutsche Kirche sich noch stärker engagiert. Außer der ganz konkreten Hilfe bei der Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge haben die Kirchen die wichtige Aufgabe, den wachsenden Widerständen gegenüber Geflüchteten in Wort und Tat zu begegnen, so wie es Kern der christlichen Botschaft ist.
- 20 Jahre Wirken der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche
Beim KirchenVolksBegehren vor 20 Jahren im Herbst 1995 hatten mehr als 1,8 Millionen Menschen in Deutschland die fünf Ziele und Forderungen für eine Erneuerung der römisch-katholischen Kirche unterschrieben. Jetzt mit Papst Franziskus besteht endlich die Chance, diese Erneuerung im Geiste des Konzils auch wirklich umzusetzen. Umfragen wie zuletzt die zur Familiensynode zeigen den starken Reformwillen der großen Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken in Deutschland, der auch theologisch gut begründet ist. Diesem Reformwillen bemüht sich Wir sind Kirche gemäß der Konzilskonstitution „Lumen Gentium“ eine Stimme zu geben, die „Stimme des Kirchenvolkes“, und trägt damit erfolgreich zur Bewusstseinsbildung im Wort und Geist des Konzils bei.
Die 38. Öffentliche Bundesversammlung von Wir sind Kirche vom 26. bis 28. Februar 2016 in Osnabrück beschäftigt sich mit der Enzyklika Laudato si‘ von Papst Franziskus. Den Katholikentag vom 25. bis 29. Mai 2016 in Leipzig wird Wir sind Kirche wieder aktiv mitgestalten, zusammen mit anderen Reformgruppen aber auch einen Katholikentag plus veranstalten. Vom 25. bis 26. Juni 2016 wird Wir sind Kirche auf dem 17. Internationalen Ökumenischer Bodensee-Kirchentag in Konstanz und Kreuzlingen präsent sein. Zusammen mit ökumenischen Partnern bereitet sich die KirchenVolksBewegung auch schon intensiv auf das Reformationsjubiläum 2017 vor, unter anderem mit einem Kongress vom 21. bis 23. Oktober 2016 in der Lutherstadt Wittenberg.
Auch nach 20 Jahren arbeitet Wir sind Kirche ganz bewusst fast ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis. Um die weitreichende Vernetzungs- und Informationsarbeit in Deutschland und international finanzieren zu können, ist Wir sind Kirche auf – steuerbegünstigte – Spenden angewiesen. Nur dank der vielen Spenderinnen und Spender ist es möglich, dass Wir sind Kirche seit 20 Jahren wirken kann. Die 40-seitige Broschüre „20 Jahre Wir sind Kirche Deutschland ... auf dem Weg ...“ gibt einen Überblick über die bisherige Arbeit. Sie ist im Internet downloadbar, kann aber auch angefordert werden.
* "20 Jahre Wir sind Kirche Deutschland ... auf dem Weg ..."
- www.wir-sind-kirche.de/files/2422_20Jahre_Wir_sind_Kirche.pdf
http://www.glaubeaktuell.net/portal/nachrichten/nachricht.php?useSpr=&IDD=1450096113&IDDParent=1428907778&IDDTyp=&IDDPExtra=&IDDTExtra=&IDB=1&Aktuell=0
Zuletzt geändert am 15.12.2015