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Veröffentlicht am 08­.11.2013

8.11.2013 - Süddeutsche Zeitung

Marx: Einfach mal den Mund halten

Der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz rät dazu, den Limburger Bischof Tebartz-van Elst jetzt in Ruhe zu lassen. Münchner Kardinal räumt aber ein, dass die Austrittszahlen die katholische Kirche erschüttern

VON SARAH KANNING

Freising – Kurz vor Schluss kam sie dann doch noch, die unvermeidliche Frage. Ob denn auch über den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst gesprochen worden sei bei der Herbstvollversammlung der Freisinger Bischofskonferenz. Kardinal Reinhard Marx schaute im Freisinger Kardinal-Döpfner-Haus für einen kurzen Moment drein, als hätte er insgeheim gehofft, dass niemand in der Abschlusspressekonferenz die Causa um einen teuren Flug und einen noch teureren Prunkbau erwähnen würde – und als sei er nun bei dem Gedanken daran ertappt worden. Doch dann polterte er los: „Ich würde mir wünschen, dass alle jetzt einfach den Mund halten“, sagte er. „Einfach den Mund halten, und den Bischof in Ruhe lassen, bis Klärung da ist.“

Doch eine Nachfrage hatten die Journalisten dann doch an den Vorsitzenden der Bischofskonferenz und Münchner Erzbischof. Wie die Kirche mit dem eklatanten Anstieg der Austritte umgehe – schließlich hatten im Oktober allein in München doppelt so viele Katholiken die Kirche verlassen wie im Vormonat. „Davon weiß ich nichts“, sagte der Kardinal. „Ich habe in dieser Woche eigentlich nicht so viele Briefe bekommen.“ Generell belasteten die Kirchenaustritte die katholische Kirche und erschütterten sie auch – aber ein Tebartz-van Elst-Effekt sei ihm nicht aufgefallen.

Wie die katholische Kirche die Befragungen zur Sondersynode Ehe und Familie angehen will, darüber legte die Freisinger Bischofskonferenz keine konkreten Handlungsanweisungen vor. „Aber dem sind ja gar keine Grenzen gesetzt, wie die Basis befragt werden kann“, sagte Marx. „Nur wenn es einen Fragebogen für die Gemeinden geben soll, dann müssen die Fragen auch so sein, dass man sie beantworten kann.“ Momentan seien sie ja doch sehr unterschiedlich.

Der Kardinal kündigte an, dass die bayerischen Bischöfe die Fragen des Papstes zur Situation von Ehe und Familie mit Gremien und Verbänden beraten wollten und Ende November in der Deutschen Bischofskonferenz konkreter darüber beraten würde. Durch das Münchner Zukunftsforum hätte er bereits eine ziemlich konkrete Vorstellung davon, was die Meinung der Katholiken zu einigen der Fragen sei, „da brauchen wir gar nicht zu zweifeln“. Wichtig werde das Thema Ehe und Scheidung, „das betrifft inzwischen ja fast jede Familie“, sagte Marx. Es greife zu kurz, wenn in Bezug auf Scheidung immer nur vom „moralischen Verfall“ geredet werde. Eine große Zahl von Gläubigen könne nicht verstehen, „dass eine zweite Verbindung nicht von der Kirche akzeptiert wird“. „Es ist die Frage, wie wir vermitteln können, dass es nur eine sakramentale Verbindung geben kann.“

Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ reagierte verhalten auf die Ergebnisse der Vollversammlung in Bezug auf den Fragebogen. „Das ist immer nur Vertrösten“, sagte Sprecher Christian Weisner. Die Bewegung erwarte von den bayerischen Bischöfen „eine klare Aussage, dass sie sich für eine echte und repräsentative Beteiligung der Gläubigen einsetzen, und das sehr viel deutlicher als im Münchner Forum ,Dem Glauben Zukunft geben‘“.

Nachdem sich die Vollversammlung schon in den vergangenen Jahren immer wieder mit dem Thema Asyl- und Flüchtlingspolitik beschäftigte, forderte sie nun die Politik auf, „eine neue gemeinsame Asylpolitik der Europäischen Union anzustreben, die dem christlichen Menschenbild entspricht“. Marx appellierte, dass jeder Mensch, der in Lebensnot ist, zu retten sei. Es dürfe nicht sein, dass sich Europa an seinen Grenzen so verhalte, wie es momentan der Fall sei. Konkrete Entscheidungen erwarte er allerdings erst beim Treffen der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft in der kommenden Woche, der er als Präsident vorsteht. Die Kirche engagiere sich in Flüchtlingsfragen schon lange – allerdings dürfe die Verantwortung des Staates nicht abgeschoben werden: „Asylbewerber müssen menschenwürdig behandelt werden – das kann nicht abhängig sein von der Caritas.“

Die positive Zukunft des Weltbild-Verlages nannte Marx „ein Anliegen“. Es gehe um die Zukunft vieler Menschen. Noch ist unklar, wie viele Gesellschafter künftig am Konzern beteiligt sein werden. Am Mittwoch hatten die Bistümer Bamberg und Würzburg ihren Ausstieg bekanntgegeben. Das Erzbistum München und Freising will sich weiterhin engagieren, „und allein will ich nicht bleiben“, sagte Marx.

Zuletzt geändert am 08­.11.2013