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Veröffentlicht am 20­.10.2006

20. Oktober 2006 - Publik-Forum

»Wir sagen offen, was viele denken«

An die 40 Frauen und Männer der mittleren und älteren Generation feiern Gottesdienst und Brotbrechen an einem Samstagmorgen mitten im September in der topmodernen, evangelisch-katholischen Maria-Magdalena-Kirche im Freiburger Neubaustadtteil Rieselfeld. Vorbereitet hat die Feier der Wir-sind-Kirche-Leute aus dem Erzbistum Freiburg der junge Informatiker Thomas Arens aus Karlsruhe. Der Gottesdienst enthält ausgedehnte Phasen des Kennenlernens. Es liegt viel Herzlichkeit und Wärme in diesen Momenten. Kein Wunder, denn in einem großen Flächenbistum wie Freiburg, das vom Bodensee bis Mannheim reicht, sehen sich die vor Ort engagierten katholischen Kirchenreformerinnen und Kirchenreformer nicht eben häufig.

Dass die Kirche je nach Bistum in Deutschland ganz unterschiedlich »tickt«, wird beim Freiburger Diözesantreffen deutlich. Im Südwesten - in den Diözesen Rottenburg-Stuttgart sowie Freiburg-gestaltet sich die Gesamtlage liberaler als etwa im Bistum Regensburg, wo es unter Bischof Gerhard Ludwig Müller den gewählten katholischen Räten an den Kragen geht.

In Freiburg hat der Bischof den jungen Domkapitular Peter Kohl zum Dialog mit den Wir-sind-Kirche-Leuten entsandt. »Erzbischof Robert Zollitsch fragte in der Runde: Wer hat Zeit?, und da habe ich mich gemeldet«, so schildert der Domkapitular auf die Frage eines Wir-sind-Kirche-Vertreters den Entscheidungsgang, der zu seiner Dialogteilnahme führte.

Kohl stellt sich einen Nachmittag lang den Anfragen der kritischen Expertinnen und Experten von der Kirchenbasis. Er stellt die Pastoralen Leitlinien vor, den Zukunftsrahmen des Erzbistums. Er wurde ausgeheckt von einer FünfMänner-Gruppe, erarbeitet durch einen zwölfköpfigen gemischten Kreis und fertiggestellt nach der Befragungen 8000 sogenannten Laien. Es gelte zu analysieren, welche Kräfte vorhanden sind, und zu entscheiden, welche Aufgaben künftig noch wahrgenommen werden sollen und welche nicht. Nicht nur Abschiede gelte es zu vollziehen. Es gehe um einen Qua litätssprung in der Kultur des Zusammenarbeitens und der Fortbildung. Kritisch sind die Reaktionen der Kirchenvolksbewegten. Die Zukunftsplanung kreise zu sehr um die weniger werdenden Pries- ' ter. Der Mann aus der Kirchenleitung antwortet: »Wir sind nicht Rom ...« Am Ende des Diözesantreffens versichert Kohl den kritischen Geistern, wie wichtig sie in der Kirche sind. Rudolf Walter von Wir sind Kirche bilanziert: »Wir sind wenige und dennoch einflussreich, weil wir offen sagen, was viele denken.«

THOMAS SEITERICH-KREUZKAMP

Kontakt: Monika Schulz-Linkholt, Alberichstr. 13, 68199 Mannheim; m.schuli@aol.com

Vom 27. bis 29. Oktober ist Bundesversammlung von Wir sind Kirche in Augsburg. Tel. 08131/260250, Fax 260249

Zuletzt geändert am 23­.10.2006