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Veröffentlicht am 02­.02.2012

Februar 2012 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

An die Aufbrüche des Konzils anknüpfen!

„Die durch das Zweite Vatikanische Konzil wiedergewonnene Freiheit der Theologen und der Theologie zum Dienst an der Kirche darf heute nicht erneut gefährdet werden“, hieß es in der kurz nach dem Konzil von Hans Küng entworfenen Erklärung, die damals 1360 katholische Theologinnen und Theologen aus aller Welt unterzeichneten, unter ihnen auch Joseph Ratzinger. Als Präfekt der Glaubenskongregation hat Ratzinger dann jedoch 1990 – eine Antwort auf die „Kölner Erklärung“? – mit der „ Instruktion über die kirchliche Berufung des Theologen“ die Theologie an die Kandare der Bischöfe gelegt.

Umso bemerkenswerter war deshalb das vor genau einem Jahr veröffentlichte Memorandum „Kirche 2011. Ein notwendiger Aufbruch“, das mehr als 300 TheologieprofessorInnen unterzeichnet und mit dem sich fast 70.000 KatholikInnen solidarisiert haben. Dieses Memorandum beruft sich auf die Freiheitsbotschaft des Evangeliums, fordert den offenen Dialog ein und wendet sich gegen die Abkehr vom Zweiten Vatikanischen Konzil.

Das Jahr 2011 war nicht nur das Jahr des arabischen Frühlings, sondern auch vieler Aufbrüche innerhalb der römisch-katholischen Kirche. Manche Bischöfe werten diese Aufbrüche als Skandal und Gefahr für die Einheit der Weltkirche. Aber Kardinal Walter Kasper hat schon vor Langem in ganz anderer Richtung gewarnt: Wenn die Bischöfe durch ihre Loyalität gegenüber Rom daran gehindert werden, eigenverantwortlich sach- und situationsgerechte Lösungen für ihre Diözesen herbeizuführen, so wie es ihre Hirtenverantwortung eigentlich ist, dann werden sich viele Seelsorger vor Ort nicht mehr um die nicht mehr praktikablen Normen kümmern.

Gerade in jüngster Zeit ist also Vieles in Bewegung gekommen, aber wir müssen beharrlich am Ball bleiben, denn manche kirchliche Entscheidungsträger versuchen, nur Schein-Dialoge zu führen und den Aufbruch auszusitzen. Deshalb braucht es noch mehr Mut, neu an die Aufbrüche des Konzils anzuknüpfen und denen deutlich zu widerstehen, die das Rad rückwärts drehen wollen. Das Problemlösungspotential, das die grundlegenden Neuansätze des Konzils beinhalten, ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Christian Weisner
Wir sind Kirche
Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 12­.07.2012