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Veröffentlicht am 10­.10.2011

10.10.2011 - Bistumspresse / KNA

Schwarzbrot statt Weißbrot

Bischöfe nennen Papstbesuch «wahrhaft historisch»

Von Christoph Arens (KNA)

Fulda (KNA) Das Fest ist vorbei. Nach dem Papstbesuch kehrt in der katholischen Kirche in Deutschland wieder Alltag ein. Schwarzbrot statt Weißbrot. Bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda haben die 69 Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe die Reden des Papstes ausgewertet und Konsequenzen für die Zukunft der Kirche überlegt.

Ihre Botschaft: Der Papst ist als Zeuge des Evangeliums nach Deutschland gekommen - und nicht als der Chef, der Machtworte spricht und Verbotsschilder aufstellt. Indem er die konkreten Themen mied und die Katholiken ermutigte, ließ er Freiraum zur Gestaltung.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, nannte den Papstbesuch «wahrhaft historisch». Er habe die Einheit der Kirche gestärkt. Als Hausaufgaben habe Benedikt den Bischöfen vor allem die Themen Ökumene und Vertiefung des Glaubens aufgegeben, aber auch das Bewusstsein geschärft für die Verantwortung füreinander.

Der Papst habe sich in Erfurt auf den Reformator Martin Luther zu bewegt, sagte Zollitsch mit Blick auf die Ökumene. Er habe damit ein «klares Zeichen» gesetzt. Weitere Schritte müssten nun die Bischöfe selbst gehen im engen Kontakt mit dem Rat der Evangelischen Kirche.

Die Bischöfe sehen nach den Papstreden keine Notwendigkeit für eine Reform des deutschen Staat-Kirche-Rechts. Zollitsch wies noch einmal Spekulationen zurück, das Kirchenoberhaupt habe bei seiner Rede in Freiburg die Abschaffung der Kirchensteuer gefordert. Kirchensteuern seien kein Privileg, sondern Folge der Religionsfreiheit, sagte der Freiburger Erzbischof.

Benedikt XVI. habe lediglich hervorgehoben, dass die Kirche zwar für die Welt da sein müsse, sich ihr aber nicht anpassen dürfe. Alle Strukturen müssten im Dienst der Verkündigung des Evangeliums stehen. Die Bischöfe wollen sich aber einer Debatte über die sogenannten Staatsdotationen nicht verschließen, die die beiden Kirchen als Folge von Enteignungen im 19. Jahrhundert als Entschädigung erhalten. «Schon heute treffen die Kirche und einzelne Bundesländer immer wieder Absprachen über Änderungen einzelner Staatsleistungen», erklärte Zollitsch. Die Lösungen müssten aber ausgewogen sein.

Der Erzbischof kündigte auch eine Fortsetzung des innerkirchlichen Dialoges an. Es sei bereits «vieles in Bewegung geraten». Die einzelnen Diözesen würden «mit verschiedenen Geschwindigkeiten marschieren», konstatierte Zollitsch. Zum Thema Frauen in der Kirche sagte er, man müsse sich dem verpflichtet fühlen, dass Jesus als seine Jünger Männer ausgewählt habe. Man könne aber «durchaus darüber sprechen», ob Frauen als Diakoninnen eingesetzt werden könnten.

Zollitsch warnte jedoch zugleich vor einem deutschen Sonderweg bei der Klärung «sperriger Themen». Viele Fragen seien immer im Horizont der Weltkirche und der weltweiten Lehre der Kirche zu sehen, sagte der Freiburger Erzbischof. Dies schließe aber nicht aus, diese Fragen im Gespräch mit Rom anzusprechen. «Da lasse ich nicht nach, da habe ich auch die nötige Geduld und den langen Atem dazu», sagte er.

Weiter arbeiten wollen die Bischöfe, die den Hildesheimer Bischof Norbert Trelle zum stellvertretenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz wählten, besonders an drei Themen: an der gemeinsamen Verantwortung aller Getauften in der Kirche, an der Kommunikationsfähigkeit der Kirche und am «barmherzigen Umgang mit gebrochenen Biografien». Beim nächsten Ständigen Rat wollen sie laut Zollitsch unter anderem über die Einstellung der Kirche zu wiederverheirateten Geschiedenen sprechen.

Kritik an den Ergebnissen der Vollversammlung äußerte die Bewegung «Wir sind Kirche». Sie hielt den Bischöfen Zweckoptimismus vor. In den Gemeinden herrsche große Ratlosigkeit, sagte ihr Sprecher Christian Weisner.

Auch vielen Bischöfen ist bewusst, dass die Zeit davonrennt. «Es ist zwei vor zwölf», räumte einer von ihnen im vertraulichen Gespräch ein. Noch verfüge die Kirche über gute Ausbildungsmöglichkeiten, noch gebe es auch in kleineren Gemeinden lebendige Strukturen und Menschen, mit denen ein neuer Aufbruch möglich sei. Je mehr davon verschwinde, desto schwerer werde es.

Vielleicht ist in diesem Zusammenhang eine Personalie ein Signal.

Die Bischöfe wählten den Lateinamerika-erfahrenen Pfälzer Pfarrer Pirmin Spiegel (53) zum neuen Chef des Entwicklungshilfswerks Misereor. Er hat bei mehreren längeren Brasilien-Aufenthalten unter anderem an der Ausbildung von Laien-Missionaren mitgewirkt. «Die künftige kirchliche Richtung gilt einer dienstbereiten und missionarischen Kirche», zitiert er den verstorbenen brasilianischen Kardinal Aloisio Lorscheider. «Zentrale Bedeutung werden Laien haben, die an der Basis leben, im täglichen Kontakt mit Menschen sind und an diesen Orten prägend wirken.»

cas/gbo/

Zuletzt geändert am 10­.10.2011