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Veröffentlicht am 10­.02.2011

Februar 2011 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Die falschen Zeichen der Liturgie

Viele haben es noch gar nicht mitbekommen: Am 24. Dezember 2010 hat Papst Benedikt das Indult von Papst Paul IV. zur Gestattung der Handkommunion für die großen Papstmessen außer Kraft gesetzt. Nachdem Benedikt schon seit Monaten die Kommunion nur an Knieende ausgeteilt hat, wurden jetzt alle Priester im Petersdom angewiesen, die Handkommunion zu verweigern. Die Form des Kommunionempfangs im „außerordentlichen Ritus“, der seit dem Motu Proprio „Summorum Pontificum“ im Juli 2007 wieder allgemein zugelassen ist, wurde damit jetzt im Petersdom für alleinverbindlich erklärt. Traditionalistische Kreise sehen dies sogar als Aufforderung an die Weltkirche, genauso zu verfahren.

Kurioserweise wird die Abschaffung der Handkommunion damit begründet, dass schon einmal eine geweihte Hostie bei Ebay versteigert worden sei. Dem soll die Mundkommunion vorbeugen. Doch ist die vorkonziliare Praxis nicht viel eher eine falsche Betonung der individuellen Frömmigkeit und ein Zeichen des wieder erstarkenden Klerikalismus? Die Spendung der Kommunion durch Laien sieht Rom ohnehin als Fehlentwicklung, die nur im Notfall erfolgen sollte.

Liturgie soll der Einheit dienen und nicht zur Spaltung. Doch Papst Benedikt ändert die Liturgie Schritt für Schritt nach seinen eigenen Vorstellungen, die er in seinem Buch „Der Geist der Liturgie“ im Jahr 2000 dargelegt hat. Die Aufwertung der vorkonziliaren Messe war dann sogar dem langjährigen päpstlichen Zeremonienmeister Piero Marini zu viel, der danach seinen Rücktritt verkündete. Vatikanbeobachter deuten dies als persönlichen Protest gegen den Kniefall Ratzingers vor den Traditionalisten. Wie die „Alte Messe“ ganz bewusst von den Traditionalisten instrumentalisiert wird, beschreibt der Theologe David Berger sehr eindrücklich in seinem enthüllenden Buch „Der heilige Schein“. Weitere Konflikte sind vorprogrammiert, wenn der Vatikan zum Beispiel bei den Einsetzungsworten „pro multis“ auf der wörtlich zwar richtigen aber theologisch problematischen Übersetzung „für viele“ statt „für alle“ beharrt.

„Im Umgang mit der Liturgie entscheidet sich das Geschick der Kirche“ heißt es im Liturgie-Band der „Gesammelten Schriften“ von Joseph Ratzinger. Doch durch die Fixierung auf die Liturgie als „heiliges Spiel“ vor Gott wird die Gefahr immer größer, dass die Kirche die „Freude und Hoffnung, Angst und Trauer der Menschen von heute“ („Gaudium et spes“) aus den Augen verliert. Das kann nicht die Nachfolge des Jesus von Nazareth sein.

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 10­.05.2011