| |
Veröffentlicht am 08­.02.2022

8.2.2022 - KNA

Benedikt XVI. entschuldigt sich - Betroffene enttäuscht

Bonn (KNA) Mit Enttäuschung und Ärger haben Laien- und
Betroenenverbände auf das jüngste Schreiben des emeritierten
Papstes Benedikt XVI. zu Missbrauchsfällen in der katholischen
Kirche reagiert. Dagegen begrüÿten deutsche Bischö-
fe die Erklärung aus dem Vatikan von Dienstag.

Ratzinger sieht sich selber immer noch als Opfer, das in
übergroße Schuld hineingezogen wurde. Und er ist nicht bereit,
zu der nichtdelegierbaren Gesamtverantwortung zu stehen,
die ein Bischof hat, sagte Christian Weisner von der
Gruppe Wir sind Kirche.

Die Betroenenorganisation Eckiger Tisch sieht in der Erkl
ärung des früheren Papstes einen weiteren Beleg für die
permanenten Relativierungen der Kirche in Sachen Missbrauch
. Statt selbst die Verantwortung zu übernehmen, werde
diese den Opfern aufgehalst, wenn sie diese Art von Betro
enheitsbekundungen nicht angemessen zu würdigen verm
ögen. Die Organisation erneuerte zudem ihre Kritik daran,
dass die Kirche die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen weiterhin
nicht abgeben wolle.

Am Dienstag hatte Benedikt XVI. persönlich zu den Vorw
ürfen Stellung genommen und eine Mitschuld der kirchlichen
Verantwortlichen eingeräumt. In einem zweieinhalbseitigen
Brief äuÿerte er tiefe Scham und eine aufrichtige
Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen
Missbrauchs. Zugleich wehrt sich der frühere Papst gegen
den Vorwurf, als Erzbischof von München (1977-1982)
Missbrauchsfälle vertuscht zu haben. Auch habe er in seiner
Einlassung zu dem Ende Januar veröentlichten Gutachten
der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) weder getäuscht
noch gelogen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof
Georg Bätzing, begrüÿte die Stellungnahme des ehemaligen
Papstes. Benedikt habe zugesagt, sich zu äuÿern,
und das nun eingelöst, so der Limburger Bischof über Twitter.
Dafür bin ich dankbar und dafür gebührt ihm Respekt.
Ähnlich äuÿerte sich auch der Münchner Kardinal Reinhard
Marx. Er betonte aber zugleich, dass die Erzdiözese und
er selbst das Gutachten, in dem es besonders im Blick auf die
Leitungsebene auch um persönliche und institutionelle Verantwortung
geht, sehr ernst nähmen. Die Empfehlungen der
Gutachter würden zusammen mit dem Betroenenbeirat und
der Unabhängigen Aufarbeitungskommission aufgegrien.
Die Verantwortlichen im Erzbistum wollen zudem Foren
schaen und damit Gespräche mit Betroenen noch niedrigschwelliger
machen. Wir wollen ihnen die Unterstützung anbieten,
die sie brauchen, sagte Generalvikar Christoph Klingan
der Münchner Kirchenzeitung. Vor allem aber solle
selbst aktiv auf Betroene zugegangen werden, was in der
Vergangenheit nicht in der Intensität geschehen sei. Dabei
sei auch zu respektieren, dass es Betroene gebe, die in keinen
Dialog treten wollten, so Klingan.

Zuletzt geändert am 08­.02.2022