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Veröffentlicht am 01­.02.2022

1.2.2022 - sueddeutsche.de

Reaktionen auf Missbrauchsgutachten: "Ich finde es fürchterlich, was in dieser Kirche passiert ist"

Seit der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachten steigt die Zahl der Kirchenaustritte. Andere wollen bleiben. Wie reagieren Pfarrer, Gläubige und Reformerinnen im Landkreis auf die Missbrauchsfälle?

Von Miriam Dahlinger, Dachau

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"Was jetzt erschreckend deutlich wird, ist, dass sich die Kirchenleitung jahrelang Augen und Ohren zugehalten hat", sagt Christian Weisner. Seit der Vorstellung des Missbrauchsgutachten am 20. Januar klingelt bei dem 70-jährigen Dachauer pausenlos das Telefon. Weisner ist Vorstand der bundesweiten Reformbewegung "Wir sind Kirche", die sich seit den 90er Jahren unter anderem gegen die Vertuschung von Missbrauchsfällen einsetzt. Seine Frau habe den langjährigen Missbrauchstäter Pfarrer H. in der Jugendseelsorge erlebt. "Diese Leute wurden einfach immer weiter versetzt", sagt er. "Jede dieser Versetzung hat neues Leid erzeugt."

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Einen Kampf, den Christian Weisner nun bereits seit 27 Jahren führt. Trotzdem bleibt er dabei: "Alle, die bisher ausgeharrt haben und Johannes Paul II und Benedikt XVI ausgehalten haben, sollten gerade jetzt nicht austreten." Weisner glaubt fest daran, dass sich die katholische Kirche von unten reformieren lässt. Das Christentum sei eine zupackende Religion, in der die visionäre Kraft der Hoffnung stecke. "In den Kirchengemeinde sind so viele engagierte Leute", sagt er. "Wenn das alles zusammenbricht, wäre das unendlich schade." Und es gebe ja bereits Fortschritte, wie im vergangenen Jahr beispielsweise die vereinzelten Segnungsfeiern für queere Menschen gezeigt hätten. "Wir dürfen jetzt nicht aufgeben."

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"Kardinal Marx spricht davon, dass er Verantwortung übernimmt", sagt Weisner mit Blick nach München. "Aber das ist eine Verantwortung für die Vergangenheit. Wir brauchen jetzt dringend auch Verantwortung für die Zukunft." Vorschläge, was man im Bistum konkret ändern könnte, hat Weisner auch. Mit Blick auf den Priestermangel könne man Pastoralreferenten die dauerhafte Erlaubnis zum Predigen erteilen und ihnen erlauben, zu taufen, bei der Eheschließungen zu assistieren und Begräbnisfeiern durchzuführen.

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https://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/kirche-katholisch-missbrauch-dachau-indersdorf-hebertshausen-1.5519200

Zuletzt geändert am 01­.02.2022