| |
Veröffentlicht am 08­.07.2007

8.7.2007 - Rhein-Neckar Zeitung

Geste an Konservative: Papst lässt lateinische Messe zu

Rom/München (dpa) - Päpstliche Entscheidung mit hohem Symbolwert: Gut 40 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat Benedikt XVI. die traditionelle lateinische Messe weitgehend rehabilitiert.

In einem am Samstag veröffentlichten apostolischen Schreiben («Motu Proprio») ordnete er an, dass Gottesdienste wieder nach alter Liturgie gefeiert werden sollen, wenn dies «eine Gruppe von Gläubigen» in einer Gemeinde wünscht. Dadurch solle die Kluft zu den strikt konservativen Anhängern des exkommunizierten Bischofs Marcel Lefebvre (1905-1991) geschlossen werden.

«Es geht um eine innere Versöhnung in der Kirche», meinte Benedikt. «Die erste große Reform im Pontifikat Joseph Ratzinger, wenn sie auch wie ein Kurswechsel in Richtung Vergangenheit erscheint», schrieb die römische Zeitung «La Repubblica» am Sonntag.

Bei dem rund 450 Jahre alten und seit 1970 praktisch abgeschafften tridentinischen Messritus werden die Hauptgebete auf Latein gehalten, der Priester wendet sich dabei zum Altar und kehrt dem Kirchenvolk den Rücken zu. Die Abkehr von dieser Liturgie im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) gilt als Inbegriff der Öffnung und Modernisierung der Katholischen Kirche. Der Münchner Kardinal Friedrich Wetter und sein Mainzer Kollege Karl Lehmann werteten die päpstliche Weisung dagegen nicht als Rückschritt. Es heißt, in Deutschland gebe es lediglich einige Tausend Anhänger der lateinischen Messe. Weltweit hat die Priesterbruderschaft St. Pius X. nach eigenen Angaben 481 Priester und rund 600 000 Gläubige bei 1,1 Milliarden Katholiken - also weit weniger als ein Prozent.

Die jüdische Anti-Defamation League in den USA krtisierte die Entscheidung des Papstes als einen «Schlag für katholisch-jüdische Beziehungen». Sie kritisierte die lateinische Karfreitagsliturgie, in der die katholischen Gläubigen für den Übertritt der Juden zum christlichen Glauben beten. «Wir sind tief enttäuscht und verletzt». Dagegen sagte eine Sprecherin der Deutschen Bischofskonferenz auf dpa-Anfrage, Benedikt habe in seinem Dokument eigens angewiesen, dass diese lateinische Liturgie am Karfreitag nicht gehalten werden dürfe.

Benedikt betonte, die alte Liturgie habe lediglich als «außerordentliche Ausdrucksform» zu gelten. Die «ordentliche Ausdrucksform» des katholischen Gottesdienstes bleibe die 1970 erlassene Messform, bei der die Gebete in der Landessprache gehalten werden. Es handele sich nicht um eine Abkehr vom Konzil. In der Praxis wurde der traditionelle Ritus seit 1970 nur in ganz besonderen Fällen vom Bischof genehmigt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Lehmann, meinte, der vom Konzil eingeführte Ritus werde «die Normalform in den Gemeinden bleiben». Der Papst stelle «weder die Entscheidungen des Konzils noch die Gültigkeit der Liturgiereform selbst in Frage.» Wörtlich meinte Lehmann: «Eine einfache Rückkehr zum Alten ist auch für den Papst keine Lösung.» Die Reformbewegung «Wir sind Kirche» sprach dagegen von der Gefahr eines Rückschritts. «Wenn unbekannte Texte in einer Sprache vorgetragen werden, die keiner versteht, geht die Messe an den Menschen vorbei», sagte die Sprecherin Sigrid Grabmeier. Die Anhänger des französischen Bischofs Lefebvre meinten, nun werde «die tridentinische Messe wieder in ihre Rechte eingesetzt». Man freue sich, «dass die Kirche so ihre liturgische Tradition wiederfindet». Vor einer Versöhnung müsse es aber weitere Schritte geben.

«In Pfarreien, wo eine Gruppe von Gläubigen, die der früheren Liturgie anhängen, dauerhaft existiert, hat der Pfarrer deren Bitten, die heilige Messe nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Messbuch zu feiern, bereitwillig aufzunehmen», heißt es in dem vierseitigen apostolischen Schreiben. Ausdrücklich steht dort auch: «Zwietracht (ist) zu vermeiden und die Einheit der ganzen Kirche zu fördern». Auch Hochzeiten, Beerdigungen können nach dem alten Ritus gefeiert werden.

In dem erläuternden Schreiben an die Bischöfe heißt es, viele Menschen «sehnten sich doch auch nach der ihnen vertrauten Gestalt der heiligen Liturgie». Zugleich äußerte Benedikt scharfe Kritik an «kaum erträglichen Entstellungen der Liturgie» im Zuge der Reform. Dabei gehe das Sakrale der Messe oftmals verloren.

Zuletzt geändert am 09­.07.2007