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Veröffentlicht am 29­.06.2019

29.6.2019 - european-news-agency.de

Synodaler Weg: Papst ermutigt deutsche Schrittmacherrolle

 

 

Verantwortlicher Autor: Jochen Raffelberg

Köln/München, 29.06.2019, 15:37 Uhr

 

Köln/München [ENA] Papst Franziskus hat die katholische Kirche in Deutschland ermutigt, mit ihrem synodalen Weg voranzuschreiten, warnte aber vor einer reinen Strukturdebatte und mahnte, die Weltkirche nicht zu vergessen. Während Spitzenvertreter des Klerus und der Laien den Papstbrief begrüssten, appellierten Reformer an die Bischöfe, den Umgang mit Macht in der Kirche nicht ohne eine neue Rolle der Frauen zu verbessern.

In seinem am Samstag veröffentlichten 28-seitigen Brief "an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" schreibt der Papst, die Katholiken dürften sich durch den zunehmenden Verfall des Glaubens auch in traditionell katholischen Gebieten nicht entmutigen lassen. Der Papst lobt vielmehr ihr Engagement und ihre Reformanstrengungen, fordert sie aber zur Einheit mit der Weltkirche auf und bekräftigt, Leitkriterium der Erneuerung müsse die Evangelisierung sein. Der Kölner Erzbischof Rainer Kardinal Woelki zeigte sich von diesem Hinweis auf den “Primat der Evangelisierung” besonders beeindruckt und sagte laut Domradio: “Wir müssen eine missionarische Kirche sein und dürfen nicht auf den ‘perfekten Apparat’ schauen.”

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, und der Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, würdigten den Brief als Zeichen der Wertschätzung und Ermutigung. "Wir danken dem Heiligen Vater für seine orientierenden und ermutigenden Worte und sehen uns als Bischöfe und Laienvertreter eingeladen, den angestoßenen Prozess in diesem Sinn weiter zu gehen", erklärten sie am Samstag. Papst Franziskus lade dazu ein, den begonnenen Weg weiterzugehen, nicht nur strukturell, sondern auch geistlich. Er warnte davor, die Kirche als Organisation zu verstehen, die man allein über Strukturdebatten, eine bessere Verwaltung und einen perfekten Apparat verändern könnte.

Das Kirchenoberhaupt äusserte sich dagegen nicht zu konkreten Streitfragen, etwa der Priesterweihe für verheiratete Männer oder eine neue Rolle für Frauen in der Kirche. Die Reformbewegung Wir sind Kirche erklärte, der von den Bischöfen beschlossene verbindliche synodale Weg sei womöglich die einzige und letzte Möglichkeit, die existenzielle Kirchenkrise in Deutschland zu überwinden. Dieser gemeinsame Weg müsse zu konkreten und verbindlichen Beschlüssen führen, die auch Relevanz für die Weltkirche haben sollten. Die von den Bischöfen formulierte Frage nach dem Umgang mit Macht könne nicht ohne die Frage nach der Rolle der Frauen in der Kirche angegangen werden, “und zwar nicht nur in der Leitung, sondern auch bezüglich der Weihe.”

Die Bewegung warnte allerdings davor, zu viel Hoffnung auf den synodalen Weg zu setzen, solange nicht dogmatisch und kirchenrechtlich geklärt sei, wer wie am Zustandekommen der Beschlüsse beteiligt werde und welche Verbindlichkeit sie hätten. Die deutschen Bischöfe hatten im März als Reaktion auf den Missbrauchsskandal und den daraus resultierenden Vertrauensverlust einen synodalen Weg beschlossen, einen Beratungsprozess zur Erneuerung und Veränderung der Kirche, bei dem es unter Beteiligung von Laien und externen Experten um Machtabbau bei Klerikern, Sexualmoral und Zölibat gehen soll. Ein Forum zur Rolle der Frauen in der Kirche ist im Gespräch. Der anvisierte Zeitplan könnte nach Auskunft des Kölner Domradios so aussehen:

- Anfang Juli 2019: DBK und ZdK beraten über eine Geschäftsordnung und über die endgültige Zahl und Thematik der Foren. - Mitte September: Erste große Runde soll mit etwa 60 Teilnehmern tagen, um Fahrplan, Themenumfang und Teilnehmerkreis festzulegen. - Angang Dezember: Formaler Start für den synodalen Prozess. Als ersten Schritt hatten die Bischöfe die Einsetzung von drei Vorbereitungsforen beschlossen: Das Forum "Macht" leitet der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann; das Forum "Sexualmoral" der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Das Forum "Priesterliche Lebensform" wird vom Münsteraner Bischof Felix Genn moderiert. Laut Katholischer Nachrichtenagentur (KNA) sollen sie am 12. und 13. September einen Zwischenbericht erstatten.

In einem kritischen deutschen Bericht des Vatikans über den Brief heisst es, die zentralen Begriffe wie Missbrauch, Zölibat und Sexualmoral, die entweder Anlass oder Thema des synodalen Weges seien, “glänzen durch Abwesenheit”. Und doch wolle Papst Franziskus der Kirche in Deutschland helfen, indem er einen Brief zu diesem synodalen Weg und als Antwort auf die Krise schreibe. Ob das gelingen könne, fragt der bisherige Chef des deutschsprachigen Dienstes von Vatican News, der Jesuitenpater Bernd Hagenkord. Der Papst nenne es “Zeitenwende”, was gerade in der Kirche passiere und spreche sich ausdrücklich für den synodalen Weg aus: die Auseinandersetzung auf Grund der „Zeitenwende“ sei „berechtigt und notwendig“.

https://www.european-news-agency.de/mixed_news/synodaler_weg_papst_ermutigt_deutsche_schrittmacherrolle-75095/

 

Zuletzt geändert am 29­.06.2019