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Veröffentlicht am 10­.03.2017

10.3.2017 - Neue Westfälische, Ausgabe Paderborn

KLARTEXT VON GLÄUBIGEN: Beim Zukunftsbild fehlte der Mut

Von Manfred Dümmer

Am kommenden Wochenende treffen sich VertreterInnen der innerkirchlichen Reformbewegung Wir sind Kirche und andere Reformgruppen in Würzburg zur Konferenz „Gemeinde geht nur mit Menschen“. Würzburg, wo im geschichtsträchtigen Jahr 1848 die erste deutsche Bischofskonferenz und von 1971 bis 1975 die erste und bisher einzige gemeinsame Synode der deutschen Bistümer stattfand. Hier sollten die Reform-Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils in Rom umgesetzt werden. Neu war seinerzeit vor allem die gleichberechtigte Beteiligung von Laien an den Beschlüssen dieser Synode, die aufgrund des Widerstandes der Amtskirche leider weitestgehend nicht umgesetzt wurden.

Trotz demographischen Wandels, zunehmender Säkularisierung und Individualisierung der Gesellschaft, nachlassender Glaubens- und Kirchenbindung – in der katholischen wie in den evangelischen Kirchen – sowie Kirchenaustritten sind die Gemeinden weiterhin Zentren des kirchlichen Lebens. Und dies trotz Bildung der übergroßen – allein auf die Leitung durch einen Priester fixierten - sog. pastoralen Räume auch im Erzbistum Paderborn. Die Gemeinden haben und werden sich in den kommenden Jahren hinsichtlich ihrer Mitglieder und Inhalte gravierend verändern. Nur so werden sie „ihrem Auftrag gerecht, Öfen zu sein, die nicht nur sich selbst wärmen“, wie es der Theologe Karl Rahner formuliert hat. Das 2014 veröffentlichte sog. „Zukunftsbild für das Erzbistums Paderborn“ wird den Anforderungen der Zukunft kaum gerecht. Hier fehlte der Mut, auch ganz neue Wege zu beschreiten.

Zur Vision, hoffentlich die zukünftige Realität, werden Gemeinschaften von Gemeinden und kleinere engagierte, ökumenische Gemeinschaften als wichtigste Basis von Glaubens-Erfahrungen und -Praxis gehören. Das Leitbild einer Priesterkirche trägt nicht mehr – weder theologisch noch rein zahlenmäßig. Haupt- und ehrenamtliche Laien werden in synodalen Strukturen die Aufgaben in den Gemeinden zunehmend wahrnehmen.

Hinzu kommen regelmäßige Synoden auf unterschiedlichen Ebenen mit Entscheidungskompetenz. Auch an Sonntagen wird es ökumenische Gottesdienste geben. Nur in versöhnter ökumenischer Verschiedenheit werden die christlichen Kirchen die Zukunft gestalten können. Christliche Gemeinden und ihre Mitglieder werden sich am Einsatz in Caritas, Diakonie und Politik für eine gerechte Gestaltung der Gesellschaft vor Ort und in globalem Ausmaß messen lassen müssen - dies in Zeiten von Populismus, Europakrise, Migration, Terrorismus und unfairer Globalisierung.

Christlicher Glaube wird ohne Glaubwürdigkeit nicht zukunftsfähig sein. Es sind Zweifel angesagt, ob die Amtskirche die heute dringend nötige Reformation - 500 Jahre nach dem Thesenanschlag von Martin Luther – fördern und mittragen wird.

Manfred Dümmer, Sprecher der innerkirchlichen Reformbewegung „Wir sind Kirche“ im Erzbistum Paderborn

Zuletzt geändert am 16­.03.2017