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Veröffentlicht am 27­.10.2016

26.10.2016 - evangelisch.de

Hoffnungszeichen für die Ökumene

korrigierte Fassung

Die 500-Jahr-Feier zum Beginn der Reformation lässt die Kirchen näher zusammenrücken. Sie stellen die Gemeinsamkeiten immer mehr vor das Trennende. Optimisten hoffen auf eine Papstgeste für ein gemeinsames Abendmahl für konfessionsgemischte Paare.

Frankfurt a.M./Rom (epd). Kurz vor Beginn der Feiern zum 500. Reformationsjubiläum kommen aus der katholischen Kirche positive Signale zur Ökumene. Im Bekenntnis zu Jesus Christus "findet sich die Kirche geeint", sagte der deutsche Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller, der Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit". Der frühere vatikanische "Ökumeneminister", Kardinal Walter Kasper, erklärte in der "Zeit", nach 500 Jahren sei es höchste Zeit, "ganz zu werden, was wir sind: Christen." Christliche Reformgruppen riefen unterdessen die Kirchen dazu auf, ihre theologischen Differenzen beizulegen.

Der Präsident des päpstlichen Einheitsrats, Kardinal Kurt Koch, betonte die Bedeutung der gemeinsamen Reformationsgedenkfeier von Papst Franziskus mit den Spitzen des Lutherischen Weltbundes (LWB) am kommenden Montag. Erstmals werde ein solcher Jahrestag auf beiden Seiten nicht mit "polemischen Tönen" begangen, sondern gemeinsam. Das sei "nicht selbstverständlich", sagte der Ökumene-Beauftragte des Papstes am Mittwoch im Vatikan im Vorlauf zur Papstreise ins schwedische Lund.

Papst "immer für Überraschungen gut"

Franziskus sei "immer für Überraschungen gut", betonte der Schweizer Kardinal Koch im Hinblick auf Forderungen nach einer Lockerung des Verbots gemeinsamer Abendmahlsfeiern von Katholiken und Lutheranern etwa für gemischtkonfessionelle Ehepaare. Bei der Vorbereitung der in Lund geplanten Gedenkfeier am 31. Oktober habe es "viele Schwierigkeiten" gegeben, sagte Koch, ohne Einzelheiten zu nennen. Papst Franziskus wird am 31. Oktober in Lund gemeinsam mit LWB-Präsident Munib Younan und LWB-Generalsekretär Martin Junge einen ökumenischen Gottesdienst zum Gedenken an die Reformation vor 500 Jahren feiern.

Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, geht davon aus, dass im unterschiedlichen Amtsverständnis von Katholiken und Protestanten Gemeinsamkeiten gefunden werden können. Das Amt müsse "nicht auf Dauer als kirchentrennend angesehen werden", auch wenn die "Wegstrecke zu einer Einigung nicht zu unterschätzen ist", sagte der bayerische Landesbischof der Zeitschrift "Herder Korrespondenz" (November-Ausgabe).

Die unterschiedlichen Lehren vom Amt und vom Abendmahl seien die Themen, "die einer Einheit noch am meisten entgegenstehen", sagte Bedford-Strohm. Doch wie in der Rechtfertigungslehre sollten die beiden Kirchen auch hier in der Ökumene zu einem "differenzierten Konsens" kommen. Der Schlüssel beim Amtsverständnis liege "in der Besinnung auf Christus", sagte der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten. Denn beide Kirchen teilten die Überzeugung, "dass das Amt uns von Gott, von Christus gegeben ist".

Christliche Reformgruppen: Kirchen verzetteln sich im Klein-Klein

Im "Wittenberger Appell" christlicher Reformgruppen, der am vergangenen Wochenende auf einem Ratschlag in Lutherstadt Wittenberg verabschiedet wurde, heißt es: "Den Skandal", dass Katholiken und Protestanten nicht gemeinsam Abendmahl feiern dürften, seien sie als mündige Christinnen und Christen "nicht länger bereit hinzunehmen". Das am Mittwoch verbreitete Papier trägt das Motto "Die Welt brennt - die Kirchen verzetteln sich im Klein-Klein". Zu dem Ratschlag hatten die katholische Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche", das Institut für Theologie und Politik aus Münster und die Leserinitiative Publik-Forum nach Lutherstadt Wittenberg eingeladen.

Nach Ansicht von Kardinal Karl Lehmann (Mainz), Ökumene-Experte und früherer Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, hilft das Reformationsgedenkjahr dabei, das "Christentum in unserem Land zu stärken. Wir feiern dieses Jubiläum anders: Früher neigten wir zur Abgrenzung voneinander und damit zu einer erhöhten Selbsteinschätzung. Jetzt sind auch wir Katholiken miteingeladen." Die Bekenntnisse der Kardinäle Lehmann, Kasper und Müller, der als die einflussreichste Person im Vatikan nach Papst Franziskus gilt, sind Teil von 95 Thesen von Prominenten, die die Hamburger Wochenzeitung zum Reformationstag am 31. Oktober zusammengetragen hat.

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Zuletzt geändert am 27­.10.2016