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Veröffentlicht am 01­.07.2016

Juli 2016 - HerderKorrespondenz

Der 100. Katholikentag in Leipzig: Klare Kante zeigen

Der Katholikentagfeierte Jubiläum - und ist dafür Ende Mai in eine der am stärksten säkularisierten Großstädte gegangen. Bis zum Ende war der Umgang mit der AfD medial das beherrschende Thema, während sich die inhaltliche Auseinandersetzung auf den Podien zu politischen und innerkirchlichen Themen weitaus unaufgeregter vollzog. Besonders gut funktionierten wieder die geistlichen und kulturellen Angebote.

VON STEFAN ORTH


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Auch im inhaltlichen Programm spielte die Auseinandersetzung mit Konfessionslosigkeit und Atheismus eine größere Rolle als auf anderen Katholikentagen, ohne dass es hier wirklich überall dialogisch zugegangen wäre. Symptomatisch angesichts der Tatsache, dass es gar nicht so leicht ist, religiös Unmusikalische zum Gespräch über ihren Nicht-Glauben zu bitten: Beim Podium "Ich glaub nichts, mir fehlt nichts", unter anderem mit dem Thüringer Ministerpräsidenten der Linken, dem Prostanten Bodo Ramelow, stand ein leerer Stuhl als Zeichen für alle schweigenden Konfessionslosen. Der Theologe Eberhard Tiefensee (Erfurt) brachte das Problem auf der anderen Seite auf den Punkt: Viele Religionswissenschaftler und Theologen täten sich mit der Gruppe der religiös Indifferenten so schwer, dass sie sich lieber den erklärten Atheisten zuwenden - die allerdings die deutlich kleinere Gruppe sind. Da war das Bekenntnis der Politikwissenschaftlerin Stefanie Hammer (ebenfalls Erfurt) schon der bessere Ausgangspunkt für eine Diskussion: "Ich erlebe in mir keinen Glauben, aber es ist mir nicht egal." Ausdrücklich mit Bezug auf diese Grundsituation hat "Wir sind Kirche" bei diesem Katholikentag auf ein größeres gesondertes Programm verzichtet. Es gab keine eigene Pressekonferenz zum Auftakt und die Veranstaltungen waren weitgehend Bestandteil der offiziellen Agenda: "Das Hervorheben von Differenzen wäre in einer Stadt wie Leipzig das falsche Signal", erklärte Sprecher Christian Weisner - zudem führe "der Franziskus-Geist" zusammen. Tatsächlich hatten es die Organisatoren auch schwerer als andernorts. Der Zuschuss der Stadt in Höhe von einer Million Euro von insgesamt 10 Millionen Euro Kosten ist erst nach längeren Diskussionen bewilligt worden. Erstmals sind nicht genug Privatquartiere gefunden worden (immerhin aber rund 3200 der benötigten 4000 Betten); auch an anderen Stellen hakte es.

Dennoch war es kein Fehler des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), nach dem Katholikentag 1994 in Dresden wieder einmal in die östlichen Bundesländer zu gehen. Und es war durchaus überraschend, wie sehr der Katholikentag die Stadt bei weitgehend sommerlichen Wetter in den fünf Tagen prägen konnte. Das gilt zumindest für den vergleichsweise kompakten Bereich innerhalb des Innenstadtrings: Auf nahezu jedem Platz befand sich eine Bühne oder eines der Zeltdörfer als Teil der Kirchenmeile.
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Zuletzt geändert am 06­.07.2016