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Veröffentlicht am 26­.01.2007

26.1.2007 - Der Standard, Printausgabe

Scharfe Kritik an lateinischen Messen

Plattform "Wir sind Kirche" sieht Rückschritte - Erzdiözese: Keinerlei Vorstöße

Wien/Rom - Gegen die "Gleichstellung von Eucharistiefeiern am Hochaltar und am Volksalter", wie sie vom Wiener Kardinal Christoph Schönborn jüngst vorgenommen wurde, wendet sich die Plattform "Wir sind Kirche". Die Initiative, welche das Gedankengut des seinerzeitigen KirchenvolksBegehrens vertritt, sieht darin einen Schritt hinter das Zweite Vatikanische Konzil der 60er-Jahre.
Hintergrund für diese Kritik ist die Situation in der Wiener Pfarre St.Rochus, wo an Sonntagen für Kinder- und Familienmessen ein tragbarer, den Ansprüchen des zweiten Vatikanums genügender Volksaltar herbeigeschafft wird. Ansonsten finden die Gottesdienste am Hochaltar nach vorkonziliarer Art statt.

International sind wieder einmal Petitionen unterwegs, die vom Papst die Wiedereinführung des Lateinischen als Mess-Sprache verlangen. Auf den Unterschriftenlisten tauchen auch prominente Namen wie der des deutschen Schriftstellers Botho Strauß ("An-schwellender Bocksgesang") oder der des französischen Philosophen René Girard auf.

In Österreich gebe es solche Vorstöße nicht, sagt dazu der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger. Gegenüber dem Standard fügte er hinzu, dass es jedoch immer schon Messen in lateinischer Sprache gab - nach dem vom zweiten Vatikanum vorgeschriebenen Ritus und mit einer Sondergenehmigung des zuständigen Bischofs. Selbst in der Ära des Kardinals Franz König sei in Wien sonntags immer mindestens eine Eucharistiefeier in lateinischer Sprache abgehalten worden, berichtet Leitenberger.

Was konservative Kreise verlangen: nicht nur Latein in der Messe, sondern auch eine Rückkehr zum vorkonziliaren Ritus. Dem erteilt Leitenberger eine Absage. Es werde immer wieder von einer bevorstehenden Entscheidung des Papstes berichtet. Allein, "es gibt bis jetzt keine." Es gelte, was gilt.

"Wir sind Kirche" fürchtet hingegen, dass dem Druck der Traditionalisten nachgegeben werde: Ein solcher Schritt stellte "eine Verkürzung des Glaubens und eine einseitige Bevorzugung rückschrittlicher Tendenzen dar. Kompromisse mit Traditionalisten sind offensichtlich leicht möglich, jene mit Reformgruppen nicht."

Martha Heizer und Hans Peter Hurka als Sprecher von "Wir sind Kirche" fordern dazu auf, lateinische Messen nicht zu besuchen.


Von Chefredakteur Gerfried Sperl

Zuletzt geändert am 26­.01.2007