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Veröffentlicht am 27­.04.2014

27.4.2014 - Stern.de

Franziskus eröffnet Messe zur Heiligsprechung

AFP

Papst Franziskus hat im Vatikan den Gottesdienst zur Heiligsprechung seiner Vorgänger Johannes XXIII. und Johannes Paul II. eröffnet. An der Messe nahm auch der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. teil. Bei seiner Ankunft auf dem Petersplatz hatte er zuvor die versammelten Gläubigen lächelnd gegrüßt.

Bereits am frühen Morgen war eine riesige Menschenmenge zum Petersplatz geströmt. Die Straße Via de la Conciliazione, die zu dem Platz führt, glich einem Meer aus vorwiegend polnischen Flaggen. Die Heiligsprechung des Italieners Johannes XXIII. und des Polen Johannes Paul II. gilt zahlreichen Katholiken aus aller Welt als historisches Ereignis.

Beobachter vermuten, dass Papst Franziskus die beiden Päpste gleichzeitig heiligspricht, um liberales und konservatives Lager innerhalb der katholischen Kirche miteinander zu versöhnen. Johannes XXIII. gilt als Wegbereiter für eine Modernisierung der Kirche; der aus Polen stammende Johannes Paul II. steht hingegen für eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte.

Über das gesamte Wochenende sollen in Rom zahlreiche zusätzliche Busse eingesetzt werden, zudem sollen zwei U-Bahnlinien ohne Unterbrechung in Betrieb sein. Die Busse in der Stadt zieren bereits seit Tagen Porträts der beiden Päpste, an den Kiosken gibt es vor allem Bilder von Johannes Paul II. aus allen Lebensphasen zu kaufen. Auf 19 Großbildleinwänden sollen die Heiligsprechungen an verschiedenen Orten in der Stadt übertragen werden.

Johannes Paul II. ist in seiner polnischen Heimat bereits eine Art Nationalheiliger. Nach seinem Tod im Jahr 2005 forderten zahlreiche Gläubige, viele von ihnen aus Polen, auf dem Petersplatz im Vatikan lautstark seine sofortige Heiligsprechung. "Wir erwarten allein aus Polen 1700 Busse, 58 Charterflüge und fünf Sonderzüge", sagt Maurizio Pucci, der bei der römischen Stadtverwaltung für Großereignisse zuständig ist.

Auch aus ganz Italien werden zahlreiche Pilger erwartet, von denen vielen die Heiligsprechung ihre Landsmanns Johannes XXIII. besonders am Herzen liegen dürfte. Der Papst galt als außerordentlich bescheidener und gütiger Mensch - ein Vorbild ganz in Franziskus' Sinne. Dass er Johannes XXIII. entgegen den Regeln ohne den Nachweis eines zweiten Wunders heiligsprechen will, schreiben Beobachter einer besonderen geistigen Nähe der beiden Päpste zu.

Verschiedentlich wurde Franziskus' Vorgehen im Fall Johannes' XXIII. kritisiert. Umstrittener ist insbesondere unter liberalen Katholiken aber vor allem das Tempo, das im Vatikan nach dem Tod Johannes Pauls II. an den Tag gelegt wurde. "Johannes Paul II. war ein Papst großer Widersprüche", erklärt etwa die internationale Reformbewegung Wir sind Kirche. Kritiker werfen ihm vor allem vor, zum Schutz der Kirche nicht entschieden gegen Kindesmissbrauch vorgegangen zu sein.

Die deutschen Bischöfe machen sich bei den Feierlichkeiten übrigens rar. Von 22 derzeit amtierenden Oberhirten wollen nur der Münchener Erzbischof und Vorsitzende der Bischofskonferenz, Reinhard Marx, und der Bischof von Münster, Felix Genn, zu den Feierlichkeiten reisen. Auch die deutsche Politik ist eher zweitrangig vertreten. Für die Bundesregierung kündigte sich Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), für den Bundestag Vizepräsident Johannes Singhammer (CSU) an.

http://www.stern.de/news2/aktuell/franziskus-eroeffnet-messe-zur-heiligsprechung-2106295.html

Zuletzt geändert am 27­.04.2014