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Veröffentlicht am 11­.01.2013

11.1.2013 - WAZ

Bischöfe verlieren Glaubwürdigkeit

Haltern am See. Annegret Laakmann (68), Referentin der katholischen Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“, war Mitbegründerin des Not-Telefons „Zypresse“, das Opfern sexueller Gewalt durch Priester, Ordensleute oder Kirchen-Mitarbeiter zuhörte und Hilfe bot.

Erhalten Sie erste Reaktionen?

Laakmann: Es gibt viele E-Mails. Tenor: Die Menschen kommen zu der Erkenntnis, dass die kath. Kirche nicht reformierbar ist. Es gibt Sätze wie diese: „Die Bischöfe verlieren ihre Glaubwürdigkeit im Jahr des Glaubens.“ Oder: „Hierarchien tragen nicht zur Glaubwürdigkeit bei.“

Prof. Pfeiffer ist von der Deutschen Bischofskonferenz beauftragt worden, die Missbrauchsfälle zu untersuchen. War dieser Eklat absehbar?

Nein. Zum einen ist Prof. Christian Pfeiffer ein renommierter Wissenschaftler; er ist kein Kirchenfeind, und es bestand eine Vertrauensbasis zwischen ihm und der Kirche. Zum anderen ist es sehr ungewöhnlich, dass eine solche Studie in Auftrag gegeben wurde. Das hat bislang noch keine Institution gemacht. Da ist die Deutsche Bischofskonferenz einen Schritt weiter gegangen als andere.

Was könnte die Ursache für diesen Bruch sein?

Für Außenstehende ist das schwer zu beurteilen. Das Problem könnte eine unterschiedliche Sprachebene sein. Was versteht die Kirche unter Zensur, was Prof. Pfeiffer? Auch der jüngste Armutsbericht der Bundesregierung wurde geschönt. Die Bundesregierung weist die Korrekturen aber als „normalen Vorgang“ zurück. Was unbestreitbar ist, dass die Kirche sich wie ein Elefant im Porzellanladen verhalten hat.

Haben die Opfer Aussicht, dass ihre Schicksale aufgedeckt werden?

Prof. Pfeiffer will an der Studie weiterarbeiten, sie aber auf eine breitere Basis stellen, indem er Missbrauchsopfer aus dem kirchlichen und weltlichen Bereich befragt. Die Kirche will einen neuen Partner für die Studie suchen; aber sie sollte die Leute nicht für dumm verkaufen, indem sie sagt, dass die Unterlagen nach Kirchenrecht aufbewahrt werden. Der Codex des Kanonischen Rechts schreibt im Kanon 489 § 2 vor, dass die Akten nach zehn Jahren zu vernichten sind.

Sind denn die Unterlagen so aufschlussreich?

Ja, wenn ein Bischof von einem Missbrauchsfall erfährt, muss er den Fall dem Vatikan anzeigen. Es könnte also sein, dass die Unterlagen der Kirche viel umfangreicher sind, als die der weltlichen Gerichte. Außerdem: Wer weiß, ob es keine Übergriffe mehr gibt.

Von Irene Stock

http://www.derwesten.de/staedte/unser-vest/bischoefe-verlieren-glaubwuerdigkeit-id7472641.html

Zuletzt geändert am 12­.01.2013