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Veröffentlicht am 14­.09.2006

14. September 2006 - Die Standard (Österreich)

Erneute Papst-Kritik von "Wir sind Kirche"

Keine Hoffnungszeichen auf absehbare Reformen für Frauen und Priester seien "bedauerlich" München - Zum Abschluss des Papst-Besuches in Bayern hat die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" dem Kirchenoberhaupt zu starres Festhalten an den kirchlichen Traditionen vorgeworfen. Benedikt XVI. müsse sich die Frage gefallen lassen, "ob er die Kirche weit genug für das neue Jahrtausend öffnet", hieß es in einer am Donnerstag in München veröffentlichten Erklärung der Reformbewegung. "Die Suche der Menschen nach Glauben ist groß, doch hindern die zentralistische Hierarchie und die rigide Sexualmoral viele Menschen, Glauben und Gemeinschaft in der römisch-katholischen Kirche zu leben."

Keine Auseinandersetzung

Es sei bedauerlich, dass der Papst keinerlei Hoffnungszeichen auf absehbare Reformen in der katholischen Kirche - zum Beispiel für die Frauen und für die Priester - aufgezeigt habe. Ebenso sei bedauerlich, dass Benedikt den zu Beginn des Besuchs von Bundespräsident Horst Köhler geäußerten Wunsch vieler Landsleute nach einer rascheren Annäherung der katholischen und der evangelischen Kirche nur spontan beantwortet, dann aber nicht weiter aufgegriffen habe.

Keine Liebe

"Wann werden Liebe und Vernunft, wovon der Papst so oft und eindringlich in den letzten Tagen gesprochen hat, auch innerhalb der eigenen Kirche sichtbar werden", fragte die Reformbewegung in ihrer Erklärung. Das vom Papst in seinen Predigten gezeichnete Bild eines liebevollen Gottes finde noch keine Entsprechung in den gegenwärtigen Strukturen der katholischen Kirche. Die von vielen gelobte Antrittsenzyklika "Deus caritas est" werde zum Alibi, wenn die Kirche nicht selber die Liebe in ihrer Kirchenadministration praktiziere.

Rolle als Brückenbauer nicht ausgefüllt

Die Reformbewegung warf dem Heiligen Vater auch mangelnde Dialogbereitschaft mit den Laien vor. "In dem unseligen Konflikt" zwischen dem Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller und den Laien im dortigen Bistum habe der Papst als "oberster Brückenbauer" - so die Übersetzung seines Titels "Pontifex Maximus" - leider keine sichtbaren Versuche der Streitschlichtung unternommen. "Bei aller Begeisterung, die die Menschen dem Papst in seiner Heimat entgegen gebracht haben, können und dürfen die medial inszenierten Massen- Events nicht über die tatsächlichen Probleme der katholischen Kirche hinwegtäuschen." (APA/dpa)

Zuletzt geändert am 17­.09.2006