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Veröffentlicht am 25­.09.2011

25.9.2011 Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Wenig Hilfe, um der aktuellen Krise zu begegnen“ Interview mit Christian Weisner

Zwar seien sehr viele Themen angesprochen worden - doch müsse „die Kirche für die Anliegen der Menschen sensibler werden“, sagt Christian Weisner, Sprecher der Reformbewegung „Wir sind Kirche“, über den Papstbesuch.

Wie lautet Ihr Resümee gegen Ende des letzten Tags des Papstbesuchs?
Die Reise war sehr vielschichtig. Sehr viele Themen wurden angesprochen, und wir alle werden noch eine Zeit brauchen, um daraus unsere Schlüsse zu ziehen.

Was sind denn Ihre ersten Eindrücke?
Positiv war sicher die Begegnung mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, dessen Arbeit der Papst gewürdigt hat, und den Missbrauchsopfern. Ich finde aber auch, dass er zum Thema Ökumene zu wenig gesagt und auch den von den Bischöfen angestoßenen Dialogprozess in der Kirche nicht deutlich unterstützt hat. Was ebenso gefehlt hat, ist ein positives Signal zum Beispiel für wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle. Das alles hilft uns nicht, um der aktuellen Krise der Kirche in Deutschland zu begegnen und Antworten auf die Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft zu finden.

Die da wären?
Zum Beispiel die mangelnde Beherrschbarkeit der Technik - Stichwort Fukushima - oder den Prozess der Säkularisierung.

Aber gerade von der Säkularisierung war doch oft die Rede in diesen Tagen.
Ja, das stimmt. Aber das große Problem ist doch, dass viele Menschen, die nach Gott fragen, eben keine Heimat mehr in der Kirche finden. Die Kirche kann doch nicht verlangen, dass die Menschen zu ihr kommen; vielmehr muss sie auf die suchenden und fragenden Menschen zugehen und für ihre Anliegen sensibler werden.

Wie geht es nach dem Besuch weiter?
Jede Gruppe in der Kirche wird sich mit dem Besuch beschäftigen, auch wir von „Wir sind Kirche“. Ich warne aber davor, dass jetzt konservativ gesinnte Bischöfe die Botschaften des Papstes für sich vereinnahmen und den Dialogprozess damit zu torpedieren versuchen. Es wird auch darüber zu reden sein, dass die katholische Kirche mit dem Besuch des Papstes als Staatsgast einen religiösen und politischen Machtanspruch gestellt hat, der so nicht mehr in die Zeit passt.

Die Fragen stellte Stefan Toepfer.

Zuletzt geändert am 25­.09.2011