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Veröffentlicht am 22­.06.2010

22.6.2010 - Berliner Zeitung

„Weitere Unruhe ist zu befürchten“

Herr Weisner, Medien berichten jetzt über ein noch größeres Ausmaß an Verfehlungen Walter Mixas als bisher bekannt – durch Veröffentlichungen aus internen Kirchenakten. Wie schätzen Sie dies ein?

Altbischof Mixa hat zu dieser höchsten Stufe der Eskalation selbst beigetragen, indem er sich jüngst in deutschen Zeitungen als Opfer einer Intrige darstellte, der seinen Rücktritt nur unter Druck seiner Amtskollegen eingereicht habe. Was nun über ihn ans Tageslicht kommt, ist unerträglich, aber nötig. Das Zeitungsinterview, das Mixa gab, zeigt aber auch, dass einflussreiche konservative Kreise ihn immer noch sehr stützen.

Jeder Dorfpfarrer mit ähnlichen Verfehlungen würde von der Gemeinde nicht mehr respektiert und akzeptiert. Mixa indes will weiter als Seelsorger tätig sein.

Es geht ja nicht darum, Mixa alle priesterlichen Aufgaben einfach wegzunehmen. Aber er darf natürlich auf keinen Fall in seinem bisherigen Wirkungsumfeld wieder Seelsorger sein. Das würde Aufarbeitung und Aussöhnung verhindern und Unfrieden schüren.

Aber nachdem der Fall bundesweit für Empörung sorgte, würde er doch auch in anderen Diözesen nicht akzeptiert werden.

Es gibt jenseits der Gemeinden Bereiche, in denen Menschen auf seelsorgerliche Begleitung warten – zum Beispiel in Gefängnissen oder in Altenheimen.

Was sagt der Fall Mixa über den Zustand der katholischen Kirche aus?

Hinter der Causa Mixa steht doch die Frage, wie Menschen wie er in ein Bischofsamt gelangen, wie sie ernannt werden. Warum hat niemand verhindert, dass jemand zum Bischof ernannt wird, bei dem Gründe dagegen vorliegen und bekannt sind?

Mixa wird demnächst vom Papst empfangen. Sollte der jetzt ein endgültiges Machtwort sprechen?

Der Papst hat doch bereits ein Machtwort gesprochen. Und das gilt auch. Zu befürchten ist nur, dass Mixa auch danach weiter für Unruhe sorgen wird und die ganze Sache zu einer unendliche Geschichte wird.

Beschädigt das die katholische Kirche nicht immer mehr?

Ja, der Imageverlust ist ohnehin schon verheerend – nach dem Skandal um die Pius-Bruderschaft und die Missbrauchsfälle. Dies alles irritiert die Gläubigen außerordentlich. Ich denke, den Bischöfen in Deutschland ist inzwischen klar, dass die katholische Kirche sich völlig neu aufstellen und grundsätzliche Reformen einleiten muss.

Gibt es denn Anzeichen, dass die Bischöfe auf die Basis hören wollen?

Bisher wurden leider viele Vorschläge und Reformideen der Synoden, des Zentralkomitees der Katholiken oder unsere Basisbewegung zu Themen wie Zölibat, Frauen in der Kirche oder Mitbestimmung der Laien in den Wind geschlagen. Aber angesichts der Lage der Kirche müssen die Bischöfe jetzt auf das Kirchenvolk zugehen – dazu gibt es keine Alternative.

Haben sich die Bischöfe schon bei Ihnen gemeldet?

Bisher gab es noch keinen Anruf.

Das Gespräch führte Renate Oschlies.

Zuletzt geändert am 24­.06.2010