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Veröffentlicht am 09­.02.2009

9.2.2009 - Süddeutsche Zeitung

DIE BESTEN BLOGS ZU: Papst und Bruderschaft

In keinem Land hat die Rücknahme der Exkommunikation des Holocaust-Leugners Richard Williamson so hohe Wellen geschlagen wie in Deutschland. Und nirgendwo wird auch in Internetforen und Blogs so erbittert über die Rolle der erzkonservativen Pius-Bruderschaft sowie mögliche Fehler Papst Benedikt XVI. diskutiert wie hierzulande – auch in den verschiedenen katholischen Lagern.

Auf kreuz.net sammeln sich die Sympathisanten der Pius-Brüder. Auf der Seite unterstützt man offen die Aufhebung der Exkommunikation Williamsons. Unverhohlen und in drastischer Sprache hetzen die Autoren der Hauptartikel und die Forenschreiber auch gegen Juden. Einer, der sich „aufrechterkatholik” nennt und noch zu den gemäßigteren Stimmen zählt, schreibt: „Es ist würdig und recht, die Unterschiede nicht zu verwischen. Wer in einer sexuellen Doppelbeziehung sündhaft lebt und somit der (heterosexuellen) Unzucht huldigt, ist natürlich zu exkommunizieren! Und das ist wesentlich schlimmer, als (das wird man ja doch wohl noch sagen dürfen), gewissen Details des sog. Holocaust zu leugnen. Aber ich vermute, die Linksaltliberalistischen werden noch andere scheinbare Vergehen der Frommen herauskramen und damit die Öffentlichkeit schockieren! Ach, hätten wir doch noch den einen oder anderen Scheiterhaufen, jawoll!”

In eine ähnliche Richtung stößt „Der Ruf einfacher Katholiken” auf der französischsprachigen Seite www.soutienabenoitxvi.org: Bereits 31610 Erwachsene mit 57551 Kindern (Stand von Sonntagmittag) sollen dem Papst ihre uneingeschränkte Solidarität versichert haben. „Dieser Brief vereint katholische Gläubige der ganzen Kirche, denen es daran gelegen ist, den Papst in seiner mutigen Geste zu unterstützen.”

Die Fraktion der gemäßigt konservativen, vatikannahen Katholiken, die sich vor allem unter kath.net austauschen, hat ihre eigene Pro-Benedikt-Initiative ins Leben gerufen. Unter www.ja-zu-benedikt.net haben bisher 4280 Katholiken, unter ihnen auch fast 400 Priester, Benedikt XVI. ihre Solidarität bekundet. Auf kath.net und den angeschlossenen web.2.0-Plattformen wie kathtube lassen die Konservativen Menschen zu Wort kommen, die den Papst unterstützen, nicht aber die Thesen der Pius-Bruderschaft.

Anstoß nehmen Leser wie Autoren auf der Hauptseite vor allem an den Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Freiburger Pastoraltheologe Professor Hubert Windisch schreibt: „Wie kommt also jemand, der wahrscheinlich katholische Kirchen nur bei Führungen im Zusammenhang von Staatsbesuchen oder bei pflichtgemäßer Teilnahme an Trauerfeiern von innen kennt, dazu, sich plötzlich um die katholische Kirche zu sorgen? … Frau Merkel hat sich am 3. Februar 2009 als Anti-Papst-Kanzlerin erwiesen. Für deutsche Katholiken ist sie nicht mehr wählbar.”

Zwar sorgt die öffentliche Debatte in Deutschland vor allem in den papstnahen Lagern für Online-Diskussionen. Doch auch die liberaleren Katholiken sammeln sich im Internet. Die Bewegung „Wir sind Kirche” unterstützt eine Petition, die den Papst dazu auffordert, die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils uneingeschränkt anzuerkennen. Unter http://archiv.wir-sind-kirche.de/petition-vatikanum2.org/ haben sich deutsche, österreichische und Schweizer Theologen sowie einfache Christen solidarisiert.

Zusammengestellt von Katja Riedel

Zuletzt geändert am 20­.04.2020