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Veröffentlicht am 16­.02.2009

16.2.2009 - Süddeutsche Zeitung

Pius-Brüder ohne Reue

Deutsche Bischöfe halten Verhandlungen für sinnlos

Von Matthias Drobinski

München – Eigentlich wollten sich die 68 deutschen Bischöfe und Weihbischöfe auf ihrer Frühjahrs-Versammlung in Hamburg mit der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise beschäftigen. Endlich aktuell sein! So hatten sie es geplant, doch ein anderes Thema wird das Treffen dominieren: die Aufhebung der Exkommunikation für den Traditionalisten-Bischof Richard Williamson, der erklärt hat, er wolle sich erst einlesen und dann entscheiden, ob er weiter den Holocaust leugnet. Nirgendwo sonst hat das so viel Empörung hervorgerufen wie in Deutschland, sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zu Wort gemeldet, und in den Standesämtern ist die Zahl der Kirchenaustritte nach oben geschnellt. So ist das Thema nun auch auf die Tagesordnung in Hamburg genommen.

Dass Holocaustleugner keinen Platz in der Kirche haben sollen, ist unumstritten. Auch, dass die katholische Kirche in Deutschland keine Verhandlungen mit der Piusbruderschaft anstreben soll, solange diese die Liturgiereform ablehnt oder die Erklärungen zur Ökumene oder „zum interreligiösen Dialog. Es gebe keine Anzeichen für eine echte Gesprächsbereitschaft, sagte Robert Zollitsch, der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz am Wochenende. Die Piusbruderschaft hatte in einem offenen Brief erklärt, sie wünsche nun einen „sachlichen Dialog” über Fehlentwicklungen in der Kirche. Dies genüge nicht, erklärte Zollitsch, die katholische Kirche werde keinesfalls hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurückgehen.

Auch Zollitschs Vorgänger als Sprecher der deutschen Bischöfe, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, hat klargemacht, dass es keine Annäherung an die Traditionalisten geben dürfe. Er kritisierte den Vatikan, der mit sich habe „Katz und Maus” spielen lassen. Keine Verhandlungen mit den Piusbrüdern, so sieht es auch der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, in dessen Diözese in Zaitzkofen, das Pius-Seminar Herz Jesu liegt. „Ich bin der Meinung, dass sich die Piusbruderschaft, wenn sie zur Kirche zurückkehrt, auflösen muss und ihre Priester und Anhänger sich in das Leben der Diözesen und Pfarreien wieder eingliedern müssen”, erklärte Müller und untersagte den Piusbrüdern in Zaitzkofen, Priester zu weihen, wie das für Juni geplant ist. Der Regens des Priesterseminars, Pater Stefan Frey, erklärte dagegen, dass die Weihen zum „normalen Leben des Seminars” gehörten. Auch habe der Vatikan von der Piusbruderschaft nicht verlangt, Weihespendungen zu unterlassen. Ein Einlenken ist hier also nicht zu erkennen.

In einer Sache allerdings könnte die Aufregung um die Piusbrüder die Bischöfe auseinanderbringen: Die norddeutschen Hirten haben auffallend ruhig die Kritik von Kanzlerin Merkel an Papst Benedikt XVI. hingenommen, in manchen Äußerungen konnte man gar Zustimmung ahnen. Wie viele Katholiken leiden auch viele Bischöfe unter der Affäre. Die bayerischen Amtsbrüder dagegen haben sehr heftig auf die Merkel-Äußerungen reagiert und den Medien eine Kampagne gegen die katholische Kirche unterstellt; sie ärgert die Einmischung der Politik. Auch der Philosoph Robert Spaemann, ein konservativer Katholik und gut bekannt mit Papst Benedikt, spricht von einer „beispiellosen Medienkampagne”, welche die gute Absicht des Papstes, eine Kirchenspaltung zu verhindern, in einen Skandal ummünze. Wie sehr müssen, sollen und können die deutschen Bischöfe ihr Kirchenoberhaupt und die Kurie in Rom in Schutz nehmen? Darüber wird die Debatte in Hamburg gehen.

Das Kirchenvolk selber kann derweil im Internet entscheiden, wem es seine Stimme leiht. Die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche” sammelt, unterstützt von zahlreichen Theologen, Unterschriften zur Rettung der Konzilsbeschlüsse; die konservative Plattform kath.net erbittet Unterstützung „gegen die maßlosen Angriffe in den Medien” auf den Papst. Bis Sonntag hatten die Macher gut 11 000 Mitstreiter gefunden. „Da liegen wir weit drüber”, kontert „Wir sind Kirche”-Sprecher Christian Weisner; Zahlen sollen zur Bischofsversammlung in Hamburg vorliegen.

Zuletzt geändert am 16­.02.2009