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Veröffentlicht am 24­.10.2008

24.10.2008 - Publik-Forum

Junia und Phoebe auf dem Weg zum Petersdom

Weltbischofssynode im Vatikan: Katholische Frauen fordern mit der Bibel in der Hand einen Zugang zu den kirchlichen Ämtern

Von Thomas Seiterich

Es ist eine Begegnung der seltsamen Art: Prächtig gewandete Frauengestalten aus der Frühzeit der Kirche treffen auf den Prunk, den Touristenrummel sowie den diskret präsenten Sicherheitsapparat der Papstkirche von heute. Kirchenreformerinnen und kritische Katholiken aus Nordamerika, Japan, Brasilien und europäischen Ländern nehmen die Einladung von Papst Benedikt XVI. an die Christen, die Weltbischofssynode aktiv zu begleiten, ernst. Das historisch-kritische Bibelstudium der Reformkatholikinnen - wissenschaftlich unterstützt von der an der Universität Gießen lehrenden evangelischen Exegese-Professorin Ute Eisen - fördert zutage, dass viele namentlich bekannte Frauen in der frühen Kirche verantwortliche Ämter inne; hatten. Zum Beispiel als Episcopa (Bischöfin), als Patrona (Leiterin einer Basis-Hausgemeinde), als Prophetin, Diakonin oder als Priesterin. Alles Kirchenämter, von denen heute die Katholikinnen ausgeschlossen sind, einzig aufgrund ihres Geschlechts.

Und so treten unter einem sonnigen Oktoberhimmel zur Halbzeit der dreiwöchigen Weltbischofssynode über Bibel und Kirche zahlreiche Frauengestalten aus der Urkirche den Gang zum Petersdom an. Gekleidet in die Farbe der Frauenbewegung Lila und die frei nachempfundene Tracht der griechisch-römischen Antike führt der Weg der Frauen durch die Prachtstraße Via della Conciliazione - deren Bau einst die Aussöhnung des faschistischen Italiens unter Diktator Mussolini mit dem Papst besiegelte - zu den Türen des Vatikans. Fernsehteams und Presseleute aus aller Welt begleiten den symbolischen Weg.

Die Akteurinnen:
  • Maria Magdalena, die »Apostelin der Apostel«, denn sie teilt laut Neuem Testament den Aposteln die Auferstehung Jesu mit und ist die Sprecherin der Frauen im Jüngerinnenkreis um Jesus.
  • Tabita, die Jüngerin und Leiterin der Gemeinde in Ioppe.
  • Lydia, die Leiterin einer Hausgemeinde in Philippi, deren Mahlfeiern sie laut Neuem Testament leitet.
  • Junia, Apostelin im 1. Jahrhundert in Rom. Paulus grüßt sie im Römerbrief eigens und nennt sie respektvoll »hervorragend unter den Aposteln«.
  • Phoebe, die Diakonin und Leiterin einer Hausgemeinde in Kenchräa im 1. Jahrhundert. Sie ist die Überbringerin und Interpretin des Paulusbriefs an die junge Christengemeinde in Rom.
  • Debora, Maria, Hulda und Hanna, vier Prophetinnen aus Cäsarea aus jener Zeit. Ihr Wirken und Heilen wird von Zeitgenossen wie dem Kirchenvater Eusebius berichtet.
  • Thekla, eine Apostelin und Missionarin im 1. Jahrhundert. Sie wird von Paulus beauftragt, »zu gehen und Gottes Wort zu lehren«. Deshalb wird sie bis heute von den orthodoxen Kirchen als »Erstmärtyrerin und Apostelgleiche« verehrt.
  • Ammion, Priesterin in Phrygien, Kleinasien, im 3. Jahrhundert.
  • Anna, Diakonin in Rom, Katechetin und Seelsorgerin für Frauen.
  • Nanas, Prophetin in Kleinasien.
  • Olympias, Diakonin in der Großstadt Konstantinopel im 4. Jahrhundert, Gründerin einer Frauengemeinschaft und Bischofsberaterin.
  • Nino, Apostelin, Missionarin und theologische Lehrerin im 4. Jahrhundert in Georgien.
  • Kale, Priesterin in Centuripae, Sizilien. Sie wirkte an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert und war den Männern im Amt gleichgestellt. Und schließlich
  • Theodora, Bischöfin in Rom im 8. Jahrhundert. Ihr Mosaik findet sich in der Zeno-Kapelle in der frühmittelalterlichen Kirche Santa Prassede in Rom.


»Das sind die Namen von wenigen«, erklärt Annegret Laakmann von der Lila Stola-Bewegung in Deutschland, »es gab Hunderte von Frauen mit Amtsfunktionen.« Ihre Mitstreiterin Angelika Fromm aus Mainz ergänzt: »Ohne die mutige, risikobereite Missionsarbeit all dieser Frauen gäbe es kein christliches Abendland.«

In der Pressekonferenz der Reformer bringt Aisha Taylor, die junge Sprecherin der Women's Ordination Conference aus den USA, das Anliegen der Reformkatholikinnen sehr persönlich auf den Punkt: »Wir fordern die Hierarchie auf, umzukehren und Frauen endlich zum Diakonen- und zum Priesteramt zuzulassen. Ich bin eine junge Amerikanerin und bin in meinem Leben noch keiner anderen Institution begegnet, die mich wegen meines Frauseins diskriminiert hätte; das macht nur die katholische Amtskirche.« Taylor, die kürzlich zu den einhundert fähigsten Nachwuchspersonen in US-Nichtregierungsorganisationen gewählt wurde, ergänzt: »Die frauenpolitische Verhinderungs- und Zerstörungsmacht des Vatikans ist riesig, da Rom enormen internationalen Einfluss ausübt, unter den Staatschefs sowie in der UNO.«

Während die junge New Yorkerin ihre Hoffnung formuliert, dass »das Wort der Bibel die katholischen Spitzenmänner auf der Bibel-Weltbischofssynode bekehrt«, schlägt die Mainzer Theologin und ausgebildete, jedoch von der Amtskirche nicht geweihte Diakonin Angelika Fromm einen resignierteren Ton an. Ihr sowie mancher unter den älteren Mitstreiterinnen sind die Frust-Erfahrungen aus vielen Jahren erfolglosen innerkirchlichen Kämpfens anzumerken. »Was in der frühen Kirche möglich war, das muss heute selbstverständlich sein«, sagt Fromm. »Wenn das Lehramt sich nicht ändert, haben Frauen wie ich in der Kirche keine Heimat mehr.«

Eine entspannte Argumentation dagegen vertritt Anne Brown von der britischen Frauen-Kirchen-Bewegung New Wine. Brown bringt den Ausweg des Konfessionswechsels ins Spiel und gibt pragmatisch zu bedenken: »Bevor Katholikinnen sich die Stirn am Beton ihrer Männermachtkirche blutig stoßen«, könnten sie zu »frauenfreundlicheren Kirchen« wechseln. Brown ist es auch, die davor warnt, ein neues Frauen-Ämterwesen in den Kirchen zu errichten. »Die Laien sollen den Glauben endlich in die Hand nehmen, Verantwortung bekommen und predigen. Das ist es, worauf es ankommt«, fordert Anne Brown. Und Maria João Sande Lemos von der portugiesischen Wir sind Kirche-Bewegung fügt hinzu: »Ich bin viel in Kontakt mit Ordensfrauen in Portugal, Brasilien und dem übrigen Lateinamerika. Die meisten von ihnen leisten die Arbeit von Priestern und Diakonen. Wenn sie sich zu Priesterinnen weihen lassen könnten - drei Viertel würden es tun.«

Während die kritischen Katholikinnen die Bibel beim Wort nehmen und auf die Frauenfrage zuspitzen, geht die 12. Ordentliche Weltbischofssynode »Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche« ihren gewohnten Gang. Immerhin: Erstmals sind mehr als zehn Prozent der vom Papst berufenen Synodalen Frauen. Im anstrengenden Rhythmus von Drei- bis Sechsminutenstatements tragen die aus allen Erdteilen herbeigeeilten Synodalen, die stets der Vatikan auswählt, ihre Statements vor. Viele sind Ergebenheitsadressen an den intellektuellen Montblanc namens Papst Benedikt. Diese Beiträge werden nicht im Gedächtnis bleiben. Doch manchmal blitzt in einem Synodenbeitrag etwas auf. Eine originelle Art, mit der Bibel umzugehen, oder wenn - am Thema der Synode vorbei - beeindruckend berichtet wird, wie in einem fernen Eckchen der Welt- etwa im kriegszerstörten Ostkongo, in Russland, Peking oder im unterdrückten Burma - auf originelle Weise Kirche gelebt wird. Das sind dann die Highlights der Synode. Oder wenn erstmals in der Synodengeschichte ein Jude, Rabbi Schar Jischuw Cohen aus Haifa, die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift im Judentum erklärt.

Scharf kritische Fragen werden nicht gestellt. Da sind schon die Kardinäle aus der römischen Kurie vor. Wie ein Riegel sitzen sie in der ersten Reihe. In den Diskussionszeiten melden sich die Eminenzen zu Wort. Sie beherrschen das römische Synodenspiel; sie schüchtern die Auslandsbischöfe ein und sorgen dafür, dass theologisch und dogmatisch nichts aus dem Ruder läuft.

Wir fordern die Hierarchie auf, umzukehren und Frauen endlich zum Diakonen- und zum Priesteramt zuzulassen. Ich bin eine junge Amerikanerin und bin in meinem Leben noch keiner anderen Institution begegnet, die mich wegen meines Frauseins diskriminiert hätte; das macht nur die katholische Amtskirche.« Taylor, die kürzlich zu den einhundert fähigsten Nachwuchspersonen in US-Nichtregierungsorganisationen gewählt wurde, ergänzt: »Die frauenpolitische Verhinderungs- und Zerstörungsmacht des Vatikans ist riesig, da Rom enormen internationalen Einfluss ausübt, unter den Staatschefs sowie in der UNO.«

Während die junge New Yorkerin ihre Hoffnung formuliert, dass »das Wort der Bibel die katholischen Spitzenmänner auf der Bibel-Weltbischofssynode bekehrt«, schlägt die Mainzer Theologin und ausgebildete, jedoch von der Amtskirche nicht geweihte Diakonin Angelika Fromm einen resignierteren Ton an. Ihr sowie mancher unter den älteren Mitstreiterinnen sind die Frust-Erfahrungen aus vielen Jahren erfolglosen innerkirchlichen Kämpfens anzumerken. »Was in der frühen Kirche möglich war, das muss heute selbstverständlich sein«, sagt Fromm. »Wenn das Lehramt sich nicht ändert, haben Frauen wie ich in der Kirche keine Heimat mehr.«

Eine entspannte Argumentation dagegen vertritt Anne Brown von der britischen Frauen-Kirchen-Bewegung New Wine. Brown bringt den Ausweg des Konfessionswechsels ins Spiel und gibt pragmatisch zu bedenken: »Bevor Katholikinnen sich die Stirn am Beton ihrer Männermachtkirche blutig stoßen«, könnten sie zu »frauenfreundlicheren Kirchen« wechseln. Brown ist es auch, die davor warnt, ein neues Frauen-Ämterwesen in den Kirchen zu errichten. »Die Laien sollen den Glauben endlich in die Hand nehmen, Verantwortung bekommen und predigen. Das ist es, worauf es ankommt«, fordert Anne Brown. Und Maria Joäo Sande Lemos von der portugiesischen Wir sind Kirche-Bewegung fügt hinzu: »Ich bin viel in Kontakt mit Ordensfrauen in Portugal, Brasilien und dem übrigen Lateinamerika. Die meisten von ihnen leisten die Arbeit von Priestern und Diakonen. Wenn sie sich zu Priesterinnen weihen lassen könnten - drei Viertel würden es tun. « Während die kritischen Katholikinnen die Bibel beim Wort nehmen und auf die Frauenfrage zuspitzen, geht die 12. Ordentliche Weltbischofssynode »Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche« ihren gewohnten Gang. Immerhin: Erstmals sind mehr als zehn Prozent der vom Papst berufenen Synodalen Frauen. Im anstrengenden Rhythmus von Drei- bis Sechsminutenstatements tragen die aus allen Erdteilen herbeigeeilten Synodalen, die stets der Vatikan auswählt, ihre Statements vor. Viele sind Ergebenheitsadressen an den intellektuellen Montblanc namens Papst Benedikt. Diese Beiträge werden nicht im Gedächtnis bleiben. Doch manchmal blitzt in einem Synodenbeitrag etwas auf. Eine originelle Art, mit der Bibel umzugehen, oder wenn - am Thema der Synode vorbei - beeindruckend berichtet wird, wie in einem fernen Eckchen der Welt- etwa im kriegszerstörten Ostkongo, in Russland, Peking oder im unterdrückten Burma - auf originelle Weise Kirche gelebt wird. Das sind dann die Highlights der Synode. Oder wenn erstmals in der Synodengeschichte ein Jude, Rabbi Schar Jischuw Cohen aus Haifa, die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift im Judentum erklärt.

Scharf kritische Fragen werden nicht gestellt. Da sind schon die Kardinäle aus der römischen Kurie vor. Wie ein Riegel sitzen sie in der ersten Reihe. In den Diskussionszeiten melden sich die Eminenzen zu Wort. Sie beherrschen das römische Synodenspiel; sie schüchtern die Auslandsbischöfe ein und sorgen dafür, dass theologisch und dogmatisch nichts aus dem Ruder läuft.

Zuletzt geändert am 27­.10.2008