16.10.2008 - dieStandard.at
Rom: Katholische Frauen fordern volle Gleichberechtigung

VertreterInnen katholischer Organisationen aus aller Welt fordern während der Bischofssynode in Rom die sakramentale Weihe für Frauen: "Es gibt keinen Grund, Frauen vom Priesteramt auszuschließen, aber jeden Grund, uns einzubeziehen."
Internationale Aktivistinnen läuten Woche zur Gleichberechtigung in der Kirche ein - Petition zur Wiedereinsetzung des Frauendiakonats an Vatikan übergeben
Rom - VerteterInnen katholischer Organisationen aus aller Welt haben anlässlich der Bischofssynode zum Thema "Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche" die volle Gleichstellung von Frauen in der römisch-katholischen Kirche, eingeschlossen die Weihe zur Diakonin, Priesterin und Bischöfin, gefordert. Eine von 1.571 katholischen Organisationen und Individuen unterzeichnete Petition zur Wiedereinsetzung des Frauendiakonats wurde am Mittwoch an Papst Benedikt XVI. - nicht persönlich, sondern an einen Sicherheitschef des Vatikans - übergeben.
"Bibel selbst verlangt volle Gleichberechtigung von Frauen"
Am Mittwoch, dem Fest der Hl. Teresa von Avila, einer von nur drei Kirchenlehrerinnen, hat der Auftakt zu einer Woche von Veranstaltungen mit einer Demonstration zum Petersplatz stattgefunden. "Ebenso wie die Hl. Teresa von Avila vor mehr als 400 Jahren von den kirchlichen Autoritäten verlangte, begabte Frauen nicht einfach wegen ihres Geschlechtes zurückzuweisen, so fordern wir die Synodendelegierten auf, anzuerkennen, dass die Bibel selbst die volle Gleichberechtigung von Frauen verlangt, und dass jede andere Interpretation falsch und ungerecht ist", betonte Angelika Fromm von "Wir sind Kirche" und "Lila Stola" Deutschland.
Die Päpstliche Bibelkommission stellte bereits 1976 fest, dass es kein Argument aus der Bibel für ein Verbot der sakramentalen Weihe für Frauen gibt. Die Heilige Schrift beschreibe, wie Frauen herausragende Führungspersönlichkeiten in der Gefolgschaft Jesu und im frühen Christentum waren, betonten die Organisatorinnen. Die Bibel berichte auch von Frauen, die kleine Hauskirchen leiteten, wie Lydia, Phöbe, Priscilla und Priska. Und diese benannten Frauen seien nur die "Spitze des Eisbergs".
Kräfte bündeln
"Wenn die Kirche Frauen zum Priesteramt zuließe, würde sie nicht nur Jesu wegweisendem Beispiel von Gleichberechtigung folgen, wie es in der Bibel berichtet wird, es hätte dies auch einen starken positiven Einfluss auf die Lösung der komplexen Probleme, vor denen wir heute stehen", sagte Aisha Taylor, Geschäftsführerin der "Women's Ordination Conference" in den USA: "In einer Welt, die durch Armut auseinander gerissen und von wirtschaftlichen Krisen geschüttelt ist, die ständig von Wellen von Sexismus, Rassismus, Ausgrenzung von Homosexuellen und vielen Formen von Unterdrückung überschwemmt wird, ist es längst fällig, dass der Vatikan alle seine Kräfte bündelt, um zu einer Lösung beizutragen."
Gleichrangige Partnerinnen im sakramentalen Dienst
"Ich stimme mit den Aussagen der Synodendelegierten überein, dass es für das Studium der Hl. Schrift wichtig ist, Wissenschaftlichkeit mit Spiritualität zu verbinden; von höchster Wichtigkeit ist es aber, dass die führenden Persönlichkeiten der Kirche an der historisch-kritischen Methode der Bibelwissenschaft festhalten", stellte Marleen Wijdeveld von der niederländischen Organisation "Römisch-katholische Priesterinnen" fest. "Dadurch, dass sie die höchsten Standards heutiger theologischer Wissenschaft angewendet haben, konnten TheologInnen in aller Welt den angemessenen Platz von Frauen in der Kirche feststellen – als gleichrangige Partnerinnen im sakramentalen Dienst." Heute hieße das für die römisch-katholische, dass Frauen zu Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen geweiht werden sollten.
"Ich bin von Gott zum Dienst als Priesterin berufen, und der liebende allmächtige Gott, der Frauen und Männer von gleicher Art und Würde geschaffen hat, kann Frauen dazu befähigen, Priesterinnen zu sein", sagte Anne Brown von der Organisation "New Wine" in Großbritannien. "Es gibt keinen Grund, Frauen vom Priesteramt auszuschließen, aber jeden Grund, uns einzubeziehen."
Interreligiöse und ökumenische Arbeit ausweiten
"Wir werden ermutigt durch die Tatsache, dass Shear Yashuv Cohen aus Israel vor den Bischöfen gesprochen hat, weil dies das erste Mal ist, dass der Vertreter einer anderen Religion auf einer Bischofssynode das Wort ergriffen hat", so sagte Jennifer Stark, Koordinatorin von "Women's Ordination Worldwide": "Die Hierarchie muss ihre interreligiöse und ökumenische Arbeit ausdehnen und dem Beispiel jener christlichen Kirchen und anderen Religionen folgen, die bereits jetzt Frauen volle Gleichberechtigung in allen Diensten gewähren. Dieses Anliegen ist wichtig für das Wohlergehen von Frauen in jeder Hinsicht, und die weltweite katholische Kirche sollte dabei eine führende Rolle spielen, nicht immer weiter zurückbleiben."
Die Hoffnung der Frauen liegt laut Aisha Taylor in der Erkenntnis der Synodendelegierten, dass "Frauen in gleicher Weise nach dem Bild Gottes geschaffen sind (Gen. 1, 27) und es bei Jesus keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt (Gal. 3, 28)". (red)
Links
Wir sind Kirche
Women's Ordination Conference
Zuletzt geändert am 18.10.2008