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Veröffentlicht am 20­.05.2008

20.5.2008 - Frankfurter Rundschau

Katholiken wollen sich selbst Mut machen

Laientreffen bietet auch Polit-Prominenz auf, aber die wirklich brisanten Themen fehlen / Zehntausende Besucher erwartet

VON SABINE HAMACHER

Religion boomt. Doch zumindest die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland profitieren davon bislang nicht. Um diesem Trend entgegenzusteuern, wollen die Katholiken ihr Laientreffen nutzen, das ab heute Osnabrück beherrschen wird. Das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK), das den Katholikentag organisiert, gibt sich allerdings bescheiden. "Ermutigung" erhoffe man sich von diesen viereinhalb Tagen: "Wir wollen Mut machen durch die Begleitung durch Gott."

Das ZdK hat die Veranstaltungen in zwei thematische Schwerpunkte gegliedert: die Zukunft von Glaube und Kirche einerseits, die Zukunft der Gesellschaft andererseits. Das sei zu weit gefasst, kritisiert Michael Kreuzfelder vom Bund der katholischen Jugend: "Wir müssen weg von diesem riesigen Gemischtwarenladen."

Wen erreicht Kirche morgen?

Doch für das ZdK bündeln sich in den beiden Schwerpunkten die entscheidenden Fragen: Wie wird die Kirche morgen aussehen, und wie erreichen wir diejenigen, die wir bisher nicht erreicht haben? Darauf sollen rund 1200 Veranstaltungen Antworten geben, mit Titeln wie "Volkskirche war gestern - was wird morgen?" Konzerte und ein Jugendzentrum sollen die jungen Besucher anlocken. Das Podien-Programm wurde im Vergleich zum letzten Katholikentag vor zwei Jahren in Saarbrücken drastisch zusammengestrichen.

Politisch wirklich brisante Programmpunkte sucht man vergebens. Zum Thema Zölibat gibt es gar kein Angebot. Zwar sollen teils hochrangig besetzte ökumenische Gottesdienste gefeiert werden; ein gemeinsames Abendmahl aber ist nicht geplant. Es scheint, als wolle man die ganz großen Fragen schon jetzt dem zweiten Ökumenischen Kirchentag 2010 in München überlassen.

So scheint es angesichts der vielen spirituellen Angebote weniger um politische Ziele zu gehen als um Selbstvergewisserung. Die mehr als 32 000 Dauerkartenbesitzer und Tagesbesucher können zwar Podiumsdiskussionen mit Polit-Promis wie dem Bundespräsidenten, der Kanzlerin oder dem SPD-Chef besuchen. Bei diesen Auftritten gehe es aber vor allem darum, sich zu beweisen, dass "Kirche noch gefragt ist", meint Christian Weisner von der Reformgruppe Wir sind Kirche.

Versöhnung mit Juden ist Thema

Im Gegenzug werde den Politikern der rote Teppich ausgerollt. "Die offizielle Politik kann punkten und ihre Statements loswerden", da mache es der Katholikentag ihr zu einfach, sagt Weisner.

Dabei hat die Kirche eigene Promis: Mehr als 80 Bischöfe werden in Osnabrück erwartet. Für den neuen Vorsitzenden der Bischofskonferenz, den Freiburger Robert Zollitsch, steht der erste Auftritt vor einem Massenpublikum an.

Zollitsch hat auch anstelle des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode die christlich-jüdische Gemeinschaftsfeier übernommen, um nach dem Streit mit dem Zentralrat der Juden ein Zeichen der Versöhnung zu setzen. Das Zerwürfnis hatte der Papst mit seiner Neuformulierung der Karfreitagsfürbitte ausgelöst. Zwei Rabbiner und der Sozialwissenschaftler Micha Brumlik sagten deshalb ihre Teilnahme am Kirchentag ab.

Zuletzt geändert am 20­.05.2008