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Veröffentlicht am 05­.05.2008

5.5.2008 - epd

Katholikentags-Ökumene zwischen Tradition und Experiment

In Osnabrück geben auch Protestanten den Ton an

Von Martina Schwager

Osnabrück (epd). Protestanten in Osnabrück sagen, es sei der "ökumenischste Katholikentag, den es je gegeben hat". Das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken wiegelt ab und betont, jeder Katholikentag habe mittlerweile seinen eigenen ökumenischen Akzent. Der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" wiederum ist er noch nicht ökumenisch genug. Sie behaupten, viele Gläubige praktizierten Ökumene längst jenseits der von den Kirchen gesetzten Grenzen. Fakt ist: Der 97. Katholikentag vom 21. bis 27. Mai in Osnabrück ist auf funktionierende Ökumene vor Ort angewiesen. Aber: In strittigen Fragen kommt die offizielle Ökumene derzeit kaum voran.

Bei den gemeinsamen Abendmahlsgottesdiensten gebe es im Augenblick keine Fortschritte, sagt Bischof Friedrich Weber aus Wolfenbüttel, der auch Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) ist. Es dürfe kein Zurück hinter das einmal Erreichte geben. Erfolge müssten immer wieder benannt werden, fordert Weber, der an mehreren Podiumsdiskussionen des Katholikentags teilnehmen wird. Das klingt fast nach Resignation.

Dennoch fällt beim Blick ins Programmheft des Katholikentags auf, dass auch Protestanten den Ton angeben, nicht nur im eigens eingerichteten "Ökumenezentrum". Evangelische Posaunen- und Vokalchöre gestalten fast jeden der großen Gottesdienste mit. Es gibt nicht nur einen zentralen ökumenischen Gottesdienst unter Leitung der hannoverschen Bischöfin Margot Käßmann. Darüber hinaus werden Gottesdienste für Frauen, Jugendliche, Trauernde oder Kirchenferne ökumenisch gestaltet. Ganz selbstverständlich öffnen die Protestanten ihre Kirchen und Gemeindehäuser für Veranstaltungen.

Die Verhältnisse in der "Friedensstadt" Osnabrück sind seit dem Westfälischen Frieden von 1648 ökumenisch geprägt. Von den heute gut 160.000 Einwohnern sind ein Drittel Katholiken, ein Drittel Protestanten und ein Drittel Anders- oder Nichtgläubige. In unmittelbarer Nähe zum katholischen Dom beherrscht die evangelische Marienkirche den Marktplatz. "Wir wissen die gut eingeübte Ökumene hier sehr zu schätzen", sagt Lioba Speer, Ökumenereferentin beim Zentralkomitee der Deutschen Katholiken.

Auf der Kirchenmeile stellen sich evangelische und ökumenische Institutionen und Projekte vor, wie etwa die Diakonie oder das "Netzwerk für konfessionsverbindende Paare und Familien". Auf den Podien sollen evangelische Bischöfe, Superintendenten, Wissenschaftler und Pastoren über Familien- und Bildungspolitik, über Spiritualität, Jugend oder eben Ökumene mit diskutieren. Die kritischen Themen wie gemeinsames Abendmahl oder das unterschiedliche Amtsverständnis werden dabei nicht ausgespart.

Auch die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" will "nicht immer als Nörgler dastehen", so Sprecher Christian Weisner. Sie hätten immerhin eine "gemeinsame erinnernde Mahlfeier" mit ins Programm bekommen. Ein gemeinsames Abendmahl wie beim Ökumenischen Kirchentag in Berlin werde es zumindest offiziell nicht geben. "Aber vielleicht finden wir in Zukunft auch offiziell eine ganz neue Form von gemeinsamem Mahl, wenn es in vielen katholischen Kirchen wegen des Priestermangels und der Finanznot keine Priester mehr gibt."

Zuletzt geändert am 08­.05.2008