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Veröffentlicht am 12­.02.2008

2.2.2008 - www.all-in.de

Analyse: Lehmann-Nachfolger "musste nach Luft ringen"

Würzburg (dpa) - Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch macht keinen Hehl aus seiner inneren Bewegtheit. «Ich musste noch etwas nach Luft ringen, als das Ergebnis vorlag», sagt der 69-Jährige.

Kurz zuvor hatte die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) ihn am Dienstag in Würzburg zum neuen Vorsitzenden gewählt. «Ich ahne erst jetzt, was an Aufgaben auf mich zukommt.» Mit dem Votum für Zollitsch haben die Oberhirten ein klares Zeichen der Kontinuität gesetzt. Denn er gilt wie sein Vorgänger, Kardinal Karl Lehmann, als gemäßigt-liberaler Kirchenmann.

Zollitsch sagt über sein Verhältnis zu Lehmann: «Wir sind uns theologisch und menschlich so nah, dass es schwer sein wird, Unterschiede zu erkennen.» Dem Freiburger Oberhirten kam bei der Wahl auch das Vertrauen und Ansehen zugute, das er sich als Vorsitzender des einflussreichen Verwaltungsrates des Verbandes der Diözesen Deutschlands erworben hat. Wie Lehmann gilt Zollitsch als geduldiger Moderator und Brückenbauer, auch er äußerst sich immer wieder zu drängenden gesellschaftlichen oder politischen Fragen.

Lehmann selbst, der den Vorsitz aus gesundheitlichen Gründen am kommenden Montag niederlegt, aber sein Mainzer Bischofsamt behält, hatte sich jeder öffentlichen Wahlempfehlung enthalten. Neben Zollitsch galt auch der neue Münchner Erzbischof Reinhard Marx (54) als aussichtsreicher Anwärter. Erst nach der Wahl lässt Lehmann seine eigene Präferenz für Zollitsch durchblicken. Für Marx sei es gut, neben der Übernahme des großen Erzbistums München und Freising nicht gleich eine weitere Herausforderung «aufgehalst» zu bekommen, sagt Lehmann.

Ohne vorherige Aussprache hatten die Oberhirten zuvor bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung im ehemaligen Kloster Himmelspforten Zollitsch im dritten Wahlgang zum Lehmann-Nachfolger bestimmt. Als Zollitsch von Lehmann den Medien als neuer DBK-Vorsitzender vorgestellt wird, muss er auch Fragen nach seinem Verhältnis zu Marx beantworten. Dieser, sagt Zollitsch, habe ihm schon nach dem zweiten Wahlgang zugesichert: «Ich helfe Dir mit und ich gehe mit Dir.»

Und die Wahl von Zollitsch ist keine endgültige Niederlage für Marx. Er hat in sechs Jahren, wenn die Amtszeit von Zollitsch abläuft, gute Chancen für einen Erfolg im zweiten Anlauf. Denn dann ist Zollitsch 75 Jahre alt, und in diesem Alter bieten die Diözesanbischöfe dem Papst üblicherweise ihren Wechsel in den Ruhestand an. Insofern gilt Zollitsch in gewissem Maße als Übergangskandidat. Der Münchner Weihbischof Engelbert Siebler sagt: «Ich glaube, dass Marx in sechs Jahren gewählt wird.»

Marx gilt als Rom-treuer, im Vergleich zu Zollitsch eher als strikt konservativer Kirchenmann. Der Freiburger Oberhirte dagegen schreckt auch vor Rom-kritischen Tönen nicht zurück, etwa wenn er die von Rom strikt vorgeschriebene Ehelosigkeit (Zölibat) der Priester lieber als freiwillige Lebensregel sähe. Und so mag bei den Motiven für die Entscheidung der Oberhirten ein bisschen auch ein selbstbewusster Akzent gegenüber Rom mitgeschwungen haben, denn die Narben aus dem Streit um die Schwangerenkonfliktberatung, in dem Papst Johannes Paul II. die katholische Kirche in Deutschland 1999 zum Ausstieg aus dem staatlich anerkannten Beratungssystem zwang, sind noch nicht überall verheilt.

Mit bescheidenem Auftreten, oft einem leisen Lächeln im Gesicht stellt sich Zollitsch bei strahlender Sonne im Hof des Exerzitienhauses Himmelspforten den Fragen der Journalisten. Wie er das neue Amt ausfüllen werde, könne er noch nicht sagen. «Alles ist noch zu neu für mich.» Und weiter: «Ich habe noch keine Liste der anstehenden Aufgaben.» Auf jeden Fall wolle er die Ökumene weiter voranbringen. Denn das, was alle Christen verbinde, sei größer als die konfessionellen Unterschiede.

Zuletzt geändert am 13­.02.2008