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Veröffentlicht am 25­.10.2007

25.10.2007 - Main-Post

„Wir fordern Reformen in der katholischen Kirche"

Kirchenvolksbewegung tagt im Bistum Würzburg

Von unserem Redaktionsmitglied LUDWIG SANHÜTER

SCHWARZACH Der Papst ist wieder modern, und Religion beschäftigt Menschen, die vor einigen Jahren noch lächelnd abgelehnt hätten. Also alles bestens in der katholischen Kirche? Nein, meint eine Gruppe von reformorientierten Christen. Am Wochenende tagt die Kirchenvolksbewegung in Schwarzach (Lkr. Kitzingen).

Auf der einen Seite steht die Amtskirche mit Papst und Bischöfen, medienwirksam wie nie zuvor, im Guten wie im Schlechten - Begeisterung beim Benedikt-Besuch in Bayern, Empörung über die Bischöfe Müller, Mixa und Meisner. Auf der anderen Seite ist die Realität in vielen Gemeinden: Nur 15 Prozent aller Katholiken gehen regelmäßig in die Kirche. Eine Studie des Sinus-Instituts bescheinigt der Kirche, dass sie fast nur die älteren, konservativen und der Mittelschicht zugehörigen Menschen erreicht. Deshalb braucht die Kirche Reformen, fordert die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche", die 1995 gegründet wurde.

Christian Weisner, Stadtplaner aus München, gehört zum Leitungsteam von „Wir sind Kirche". „Das II. Vatikanische Konzil sagt, dass die Kirche sich immer wieder erneuern muss. Diese Reformen fordern wir ein." Papst Benedikt XVI. zeige eine „problematische Doppelgesichtigkeit. Auf der einen Seite sein mildes Lächeln, auf der anderen die raue Kirchenwirklichkeit, die Erklärungen zur Ökumene, die Aufwertung der lateinischen Messe oder der skandalöse Umgang mit sexuellem Missbrauch".

Auch die Organisationsreformen in Bistiünem, bei denen Pfarreien zusammengelegt werden, hält Weisner für falsch: „Wenn man Kirchen nicht in den Dörfern lässt, verliert die Kirche den Kontakt zu den Menschen." Ursache sei die Fixierung auf männliche, zölibatäre Priester, von denen es nicht genug gebe. „Man müsste Laien mehr Verantwortung in der Gemeindeleitung und in der Liturgie geben. Oder man könnte verheiratete Männer oder Frauen weihen."

Aber wie stark ist die Resonanz auf solche Reformforderungen bei Gläubigen? „Wir sind Kirche" sei eine Bewegung, kein Verein, erklärt Weisner. Es gebe also keine Mitgliederzahlen, aber beim Kirchenvolksbegehren 1995 hätten 1,8 Millionen Menschen unterschrieben. Und in Meinungsumfragen rangierten die Forderungen durchwegs bei über 70 Prozent Zustimmung. Im Bistum Würzburg - wo schon 1998 eine Bundesversammlung stattfand - teilt der Münnerstädter Kreis die Reformgedan- ken. „Wir sind der Meinung, dass es der Seelsorge gut bekäme, wenn die Inhalte von Wir sind Kirche aufgegriffen würden", sagt Matthias Lotz, Pfarrer in Güntersleben und ein Sprecher des Kreises. Sprecher Claus Schreiner warnt: „Wir spüren, dass viele kirchlich Engagierte müde geworden sind, die Ziele immer wieder zu benennen. Der größte Teil - insbesondere modern Denkender - ist eh schon aus der Kirche emigriert."

Doch mit dem Dialog sieht es schlecht aus, so Weisner: „Mehrere Bitten um ein Gespräch mit dem Papst blieben ohne Ergebnis. Benedikt XVI. hat uns ausrichten lassen, wir könnten aber mit den Bischöfen und Priestern einen konstruktiven Dialog führen. Es wäre wünschenswert, wenn die Bischöfe darauf eingehen würden." Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann wurde zur Bundesversammlung am Wochenende eingeladen. Wie Bistums- Sprecher Bernhard Schweßinger mitteilt, hat er jedoch andere Termine.

Dass die Tagung im katholischen Bildungshaus „Klaus von Flüe" stattfindet, mache „deutlich, dass bei der Belegung in Bildungshäusern Vielfalt möglich ist - was nicht bedeutet, Aussagen von Wir sind Kirche' kritiklos hinzunehmen oder zuzustimmen." Das Motto „Wir sind Kirche" habe es im Bistum Würzburg beim diözesanen Prozess „Wege suchen im Gespräch" Anfang der 90er Jahre gegeben: „Da war die Kirchenvolksbewegung noch ein frommer Gedanke von Herrn Weisner."

Forderungen von „Wir sind Kirche"
  • Überwindung der Kluft zwischen Klerus und Laien.
  • Gleichberechtigung der Frauen und Zugang zum Priesteramt
  • Die Ehelosigkeit der Priester soll nicht mehr verpflichtend sein.
  • Positive Sicht der Sexualität und der Gewissensentscheidung zum Beispiel bei Empfängnisregelung.
  • Froh- statt Drohbotschaft
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Mehr zur Tagung im Internet:
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 19­.11.2007